Terebess
Ázsia E-Tár
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(24. September
1818)
24. Jetzt bin ich in der grössten der Prinzen Inseln, wohin wir in etwas weniger
als 2 1/2 Stunden von Tophana, im Regen und starken Nordwind gesegelt sind -.
Nun erst denke ich an alles, was ich in meinem Séjour in Constantinopel gesehen
und in ein kleines Anmerkbuch nur mit Bleistift angemerkt habe.
Die Pest war nur in kleinem Maasstab und - täglich starben höchstens 6 bis 10
Menschen an der Pest - Wenn es wirklich wahr ist, dass man sie bloss durch atouchement
bekommen kann, so wäre sie ziemlich leicht auszuweichen, da ich im allgemeinen
bemerkt habe, dass nie ein Gedräng ist - jedoch darf man die Vorsicht nicht
vergessen, sich in die Bézestans und auch sonst in einigen Theilen Constantinopels
nicht in denen Vormittags Stunden zu begeben, da man dort nicht der Menge der
Menschen wegen so sehr, als in Hinsicht der engen Strassen die Berührung nicht
leicht vermeiden kann. Die Bezestans sind von Stein - und sind in dem Genre
von Palais Royal und Passage Faideaux in Paris - Wenn Feuer entstehet, so werden
alle Waaren dahin gebracht - Weswegen auch eine rechte Vermischung - der Pest
Materie statt findet. - Wenn man nach einer course, wo man viele Menschen begegnet
hat, zurückgekommen ist, so pflegt man sich stets umzuziehen, und sich auch
mit Aloe oder Wachholder durchräuchern zu lassen - die Kleider werden aufgehenkt,
und durch die Luft wieder rein gemacht. Manche behaupten; dass der Morgen Thau,
der auf was immer was durch die Pest inficirt gewesen ist - bei der Nacht und
mit dem anbrechenden Tag fällt - hinlänglich ist, jedes Gift unschuldig zu machen.
Und diese letzte Idée hat schon dermassen prevalirt, dass man einen Schawl,
den ein Grieche oder ein Jude von Constantinopel bringt, zwar ansieht, ausseits
aber nicht anrührt, bevor er eine Nacht hindurch nicht im freyen gehenkt ist.
Sind das aber nicht alte Weiber Possen? Nachdem kein Mensch die leiseste Ahndung
hat, was die Pest eigentlich ist - die meisten Leute fürchten sich aber so sehr,
dass sie sich selbst eine Art Beruhigung ausgedacht haben, um, ich möchte sagen,
nicht aus Angst vor dem Tod zu sterben. - 1812 sind alle Tage gegen 1200 bis
1800 Menschen in einem Tag gestorben, weiter hat das Übel aber nie um sich gegriffen
-. Und was das sonderbahrste dabei ist, dass es gar keinen Unterschied macht
und die Alten sowohl als die Jungen, die Gesunden Starken eben so wie die Schwächlinge
attaquirt - die, die sich davor in Acht nehmen, nicht weniger, als jene, die
nie daran denken. Bewiesen ist jedoch, dass die Krankheit auch zum Theil in
der Einbildung liegt, da alle jene in grosser Gefahr sind, selbe zu bekommen,
die viel daran denken. Oder wäre das schon die Krankheit, die sie daran denken
macht? Ich habe keinen Pest Kranken gesehen - ich sah aber ein todten, der ein
junger Grieche war, und den man - wie es die Gewohnheit ist, im offenen Sarge
zum Friethof trug - die Figur war nicht schön, bei Gott das könnte ich nicht
behaupten. Den selben Tag, wie ich dieses Muster gesehen habe - sind wir von
denen 7-ben Thürmen, in welche man uns, nicht hereingelassen hat, längst denen
Mauern von Constantinopel spazieren gegangen, und haben gegen 4 Individuen begraben
sehen - wovon der eine aus dem Pest Spital, welches in der Gegend denen 7-ben
Thürmen établirt ist, herausgetragen wurde. - Wenn übrigens ein Mensch ruhig
vor Alter stirbt, so glauben alle, dass er an der Pest gestorben sei - und so
wie man gewöhnlich jede Gefahr vergrössert, zumal, wenn Weiben im discours sind,
so ist's eben auch mit dieser Krankheit, die manchmal zwar schrecklich und in
entsetzlicher Gefahr sich zeigt, die aber nur selten - über die dummen Türken
wüthet - das ganze Geschlecht müsste ja in einigen Jahren aussterben, wenn es
immer so, wie viele Leute sich's vorstellen, fort gienge - Gewöhnlich, sagen
die Leute, komt die Pest von Egypten. Ich glaube es nicht - denn Ali Pascha
hält sogar eine Art von Quarantaine, und wenn ein Reisender im Frühjahr nach
Egypten kömt NB von Smyrna oder Constantinopel, so wird er von denen Einwohnern,
und besonders von denen in Alexandrien kaum empfangen. So ergiengs meinen Landsmann,
dem Doctor Burkhard, der hier die Leute kurirt - und der aller erste Ungar gewesen
ist, der eine Reise nach Egypten wagte. In Bujukdere und in Pera zeigten sich
mehrere Fälle von Pest, und sogar auf einem östreichischen Handelschiff - welches
der Graf Lützow in Quarantaine setzen liess - und welcher auch wirklich noch
immer da ist - und sich nicht bald rühren wird, da die ganze lebende Equipage
samt dem Capitaine durchgegangen ist -. So réussiren beiläufig alle Gesundheits
Massregeln und es ist eine Schande bei Gott, dass man so ein herrliches Land
solchen Wilden Thieren ruhig besitzen lässt - die nicht einmal den Verstand
haben, das Übelste aller Übeln zu unterdrücken. - Ob das ganz geschehen kann,
ist übrigens eine Frage - zu versuchen wäre es er aber doch der Mühe werth.
Ein teutscher Doctor war vor einigen Jahren in Constantinopel, der es so weit
gebracht hat, sich die Pestbeulen zu inoculiren - mit denen Leintüchern eines
verstorbenen Pestiferirten sich einzuwickeln, mit Todten Pestkranken sich im
Bett herumzuwälzen - ohne durch mehrere Monathe angesteckt zu werden. Endlich
starb er an der Pest. Ein Engländer Namens Casstright hat sich mit Pfeffer und
Brandewein vor einigen Jahren kurirt. -
Die Caique's, in denen man gewöhnlich nach Scutari und Terapia, Bujukdere ect.
ect. fährt, sind äuserst elegant. Von sehr gutem harten Holz gemacht, aber so
leicht, dass man immer risquirt umzuschlagen, wenn man sich nur im geringsten
bewegt. Ein starkes Meer würde sie ohne allen Zweifel zerschlagen - so wie das
blosse Anstreifen an einer Mauer oder Felsen hinlänglich wäre, ein Loch zu verursachen.
- Im Anfang wird kein Reisender mit denen Caique's zufrieden sein - denn die
unbequemliche Stellung, die man stets zu halten gezwungen ist, wenn man nicht
umschnappen, und eine ewige dispute mit denen Caiquechi's haben will - Besonders
ist diese positur in Constantinopel äusserst unangenehm wo, wie gesagt, kein
anderer Genuss überbleibt, als der, den die Gegend und die Laage der Stadt den
- mit der Langenweile kämpfenden Reisenden geben könnte. Im Anfang also ist
man mit diesen Booten gar nicht zufrieden gestellt, später aber gewöhnt man
sich, und man findet sie ganz vorzüglich, wenn man sieht, dass alle andern Fahrzeuge
dieser Art, die sehr häufig von allen denen Schiffcapitaines gebraucht werden,
deren Handelsschiffe in dem Hafen liegen, so unausstehlich langsam und folglich
langweilig sind, dass man gar nicht begreiffen kann, warum sie nicht eben dieselbe
schlanke schöne coupe haben, als die türkschen - denen für dem Bosphorus durchaus
nichts mehr gleich kommen kann, wo die Courenten so schnell und heufig sind,
dass man gestehen muss - dass man nichts besseres erfinden könnte. Die 3 paar
Ruderichen sind von denen, die gewöhnlich ohne Segel gebraucht werden, die grössten
- sie haben kein Steuer Ruder. Die Schiffsleute müssen sich allemal umsehen,
um mit allen den unzähligen Schiffen nicht zu caramboliren, mit denen der Hafen
von Constantinopel besät ist. Sie sind geschickt - nur ein einzigesmal kamen
wir mit einer anderen Caique zusammen. Bei denen Süssen Wässern war es - und
Frauen und Kinder waren darauf. Wir waren droben. Ein Schiffsman hat 2 Ruder
in denen 2 Händen, die sie äuserst geschickt zu brauchen wissen. Das Rudern
auf diese Art, wie man's in dieser Hauptstadt gewohnt ist, gehört zu denen grössten
Kraft Ausübungen, die man denken kann
- die Türken animiren sich immer dabei, und eines Tages hatten wir einen unserer
Caiquechy's, der uns nach Terapia führte - in solcher exaltation vor uns - dass
er völlig in einer Art von Agonie zu sein schien, wobei er die hässlichsten
Gesichter gemacht, so wie beiläufig die Epileptischen Kranken zu machen pflegen.
Späterhin bin ich noch mehrmal mit dem selben gefahren - ohne dass er alle diese
Manoeuvers wiederhohlte. Manche von denen Caiques sind mit 2, die meisten mit
1 Ruder. Gewöhnlich verlangen sie für eine Course weit mehr als man ihnen geben
soll. Nach Bujukdere bezahlte ich für ein 3 paar rudriches Schiff allemals gegen
18 Piaster. Man fährt in gutem Wetter nie mehr wie 2 1/2 Stunden. Die Gesandten
haben ein Missions Caique von 7 paar Rudern - und einen Steuer Mann, der in
ihrem Sold stehet, und der vorläufig die 7ben Kerl zu eine Fahrt, von der man
ihn prevenirt, aufnimmt und sodan nach jeder Course seine Rechnung macht. Der
Gross Herr allein hat ein gedecktes Caique und 28 Menschen, die Rudern. NB hat
da jeder nur ein Ruder. Die Schiffs Leute der Grossherrn rudern ganz anders,
sagt man, ich hab's nie gesehen - Sie beobachten eine gewisse décence. Gewöhnlich
muss man sich in denen Caiques auf den Boden setzen - und bei der kleinsten
Bewegung, die man sich zu machen erlaubt, wird man von denen Türken ausgemacht
- Sie müssen wahrscheinlicherweise viel schwerer arbeiten, wenn ihr Schiff nicht
in der völligsten Balance ist. - Wer für die Gesandten die 7 paar Ruder bestimmt
hat, weiss ich nicht - Ich finde aber das schon von denen Türken, von denen
wir uns alles gefallen lassen, eine äuserst grosse Gnade. Hinten bildet das
Schiff eine Art Sitz, der gewöhnlich mit einem Tuch oder Teppich zugedeckt ist
- den muss man sich zu Vorsicht stets aufheben lassen, es ist immer besser,
da doch derley Fetzen am meisten der Pest Ansteckung ausgesetzt sind -. Es giebt
auch eine grössere Art von Caiques, die mit denen Mail Coach verglichen werden
können, da haben viele Menschen Platz; man zahlt wenig, fährt langsam - die
Ruderer sind halbnackt ausgezogen und ihre Arbeit ist eine der anstrengendsten,
die es in der Welt geben kann. -
In wenig Tagen nach meiner Ankunft gab der Baron Stürmer, der die Ankunft der
Grafen Lützow abwartete, um seine Abreise zu bestimmen, ein grosses diplomatisches
diner - wotzu alle Gesandte und Chargé d'affaires gebethen wurden. - Alle diese
Festlichkeiten, so nenne ich sie wenigstens, denn sonst kann man das wahre Wort
nicht finden (wenn man's gut ausdrückt) haben bei jeder Gelegenheit statt, wo
- der Namenstag eines Kaisers oder sonst eine merkwürdige Begebenheit - dem
Jahrstag - ein gewisses Gewicht und Interesse giebt. - Alle die Constantinopel
schon kennen, glauben, dass es ein Exil ist, dahin versetzt zu werden, wenn
sie einigermassen eine andre existenz haben könnten - da doch beinahe gar nichts
da ist, was man für einen Genuss halten könnte - Man sollte folglich denken,
dass jene, die dahin einmal verbannt sind, sich das Wort geben, ferne vom Hof
und der etiquette, ein ganz ungenirtes ungezwungenes Leben zu führen - da diese
Möglichkeit, vielleicht doch die einzige pointe ist, in welcher Bujukdere oder
selbst Pera einer Residenz vorzuziehen ist. Indessen ist die Schuldigkeit einen
Besuch wieder zurückzugeben - eine Visite Karte abzugeben - allemal in kurzen
Beinkleidern zu erscheinen, niergends so sehr zum Gebrauch und Gesetz geworden
- als in dieser Hauptstadt. Es sind die Kleinstädter im vollen Sinn - Mir kommen
sie manchmal vor - als ob sie Bedienten wären, die aus Spass unter sich die
Herrn spielen wollen, und doch nicht recht wissen, wie sie's eigentlich anfangen
sollen. - Bei dem diner machte ich die Bekantschaft des Grafen Beaurepaire und
die seines Chefs, des Marquis de Rivière, dessen Frau die Tochter der Gräfin
de la Ferté ist, die 3 Jahre schon in Constantinopel sitzt, und nach meinem
Urtheil die aller glücklichste der fränkischen Weiber ist, die in Constantinopel
wohnen: denn sie betrachtet Bujukdere - wie eine Campagne recht weit von Paris,
wo sie in der Umgebung ihrer Kinder und einiger Freunde, ruhig die Zeit vorbeiziehen
lässt. - Die franzöische Mission bestehet aus wahren Voltigeurs de Louis 18.
- Stroganoff der Russiche Botschafter, ist der aller einzigste Minister, der
doch in einem honorablen Verhältniss mit denen Türken steht, und der einzige,
der das vorstellt, für was er bezahlt wird - alle übrigen sind da um sich Geld
zu machen. Stroganoff hat übrigens den unangenehmen Fehler, dass er von sich
selbst zu sehr eingenommen ist, und dadurch einem erfahrenen Menschen gar leicht
eine prise auf sich giebt. - Palin ist ein ungeschickter Antiquar, hat unterandern
ein Werk über die Egyptischen Hiérogliphen geschrieben - die er später selbst,
nachdem sie in Durck erschienen, nicht mehr verstanden hat. - Allmählich wurde
das diner des alten Stürmer von dem Sir Robert Liston, Marquis de Rivière, Baron
Stroganoff - à qui mieux wieder zurückgegeben - wobei die kleinen Ministre als
Baron Schlagen, Graf Ludolf ect ect - immer mitlaufen, ohne auch einmal an das
Geben heran zu müssen. - (4 Zeilen gestrichen) aber auch den aller höchsten
Grad erreicht, und anstatt dass die Exilirten ein angenehmes vergnügtes Leben
unter sich selbst weit vom Lärm und der Kabale leben könnten, - befinden sie
sich in ewigen Rang Streutigkeiten - und unaufhörlichen Faschés, die wegen der
kleinsten Ursache oft verjahren. - - Meine Abende hab ich gewöhnlich zu Hause
verlebt - Eine Menge von Menschen versammelte sich allemal in dem grossen Saal
des Barons. Allgemein hatte die ganze Gesellschaft Langeweile - in einem andern
Zimmer wurden einige Spiel Tische établirt - und auf denen um das halbe Zimmer
geführten niedrigen divans lagerten sich die Halbtürken und das Chor der Frauen
.- Diese letzteren monstruosen producten der Schöpfung heisst Graf Lützow die
Kometen, weil sie einen langen Schlepp tragen, der gewöhnlich von Seide ist.
- Auf den Kopf haben sie meistens ein türkisches Käpchen - mit falschem Gold
an die Haare befestiget, die unausgekämt, und vertrocknet, gleich denen Haaren
von todten Menschen, die abgelebt sind - in wilder Unordnung von allen Seiten
herunterhengen - und für dem Prophan zum Eckel, dem Maler hingegen zu einem
vollkommenen Studium, für Furien Medusen - ect. ect. zum Überfluss dienen. -
Was sonst die Gesellschaft betrifft - schreibt hierüber Clarke ausführlich und
ganz vortrefflich.
Frau von Lippa wurde von dem Schwert der Calomnier zerhauen (1 1/2 Zeilen gestrichen).
-
Alle die Gesandten ausser dem unsrigen, der auch zugleich der Consul Generalissimus
der ganzen Levante ist, werden bezahlt - Alles was die Kauffahrtei Schiffe bezahlen;
was gewöhnlich 2 bis 8 procente sind, - werden von einer Comission in Constantinopel
einkassirt, und von dem Gelde die Consuls, Vice Consuls - dragomans ect. bezahlt,
die gehalten und bezahlt werden müssen, um die ewigen différents zu schlichten,
welche die Franken mit den Türken haben. Bei uns empfängt der Internuncius alle
jene procente und bezahlt die meisten Spesen. Alle Consuls machen sich aber,
eben so wie die dragomans, auf alle Arten Geld - wie sie nur können. -
Graf Lützow kann das Jahr gegen 150,000 piaster bekommen.
Nachdem die Post den 23-ten gegen 12 Uhr angekommen ist, uns aber 2 Tage warten
liess, nachdem sie durch die Flucht des Walachischen Princen Karagea aufgehalten
wurde - habe ich unsere Abreise auf dem folgenden Morgen festgesetzt. - Der
Herr von Testa, erster dragoman des östreichischen Hofs - war so gut, ein Firman
des Grossherrn mir zu verschaffen - und nebstbei - auf Befehl des Grafen Lützow,
3 Veziral Recommandations Schreiben, bei dem Gross Vezir selbst auszuwirken
- das erstere kann jedermann haben und kostet 21 piaster. - Herr von Testa bezahlt
nur 7 dafür - gewinnt also bei jedem Firman 14 piaster. Diess ist bekannt und
erlaubt. Die Veziral Briefe sind schon etwas ungewöhnliches - und kosten daher
mehr -. Mir hat man den Rath gegeben, gar nichts dergleichen zu thun - und für
die 4 exemplarien gar nichts zu bezahlen. Ich folgte dem Rath, denn ich weiss
gar nicht, wie ich's angefangen hätte - dem ersten Dragoman an der Pforte, der
die Ceremonie und Étiquette selbst ist, einige Piaster einzuhändigen. - Die
3 Véziral Schreiben sind an dem Pascha von Brussia, Magnesia und Tripoliza gerichtet
- Ob ich sie abgeben werde, wird sich zeigen - ich glaube aber nicht, denn nach
der Aussage aller Reisenden - geniren die Pacha die Reisenden durch ihre Höfflichkeiten,
die immer in Kaffe und Pfeifen bestehen, weit mehr, als sie einem nützlich sein
können. - Ein Firman ist eine lächerliche Sache, sagt der Herr von Testa, und
man kann damit nicht bis Scutari reisen, indessen kann man sich davon nicht
passiren - denn - oft werden eben die um den Firman angehalten und gefragt,
die keinen haben - und dann ist es fatal. - Diese précaution muss man also nicht
versäumen - und wenn man nach klein Asien oder Syrien reisen will, so thut man
wohl sich einen Firman in Alexandrien oder Rosette, wo ich nämlich debarquiren
werde, schon erwarten. In Egypten und Albanien ist's aber weit unnöthiger, als
in allen übrigen türkischen provincen: da die beiden Ali Pacha's nur pro forma
dem Grossherrn unterworfen sind. - Das Wetter war sehr schlecht, es regnete
und der Nordwind war stark. Graf Lützow engagirte mich gar nicht, einige Täge
läger zu verweilen, und das schöne Wetter abzuwarten - beim Abschied aber fragte
er mich noch einmal ganz feyerlich, ob ich denn wirklich entschlossen sei, ohne
Janitscharen meine Reise anzutretten? Da ein Janitschar in einem Sturm von keiner
besonderen resource ist, und ich für meine Person für jeden Vertheitiger danke,
übrigens auch keinen Herrn zu haben wünsche, und gerne eine unnöthige Ausgabe
erspare, war ich schon längst entschlossen mich ohne einen solchen Individuum
nach Smyrna zu wagen -. Alle Reisende haben mir's wiederrathen, und ich bin
neugierig was ich, nachdem ich in Smyrna angekommen sein werde, in dieser Hinsicht
erfahren sollte. - Gleich als ich in Constantinopel angekommen bin, bekam ich
auf Anrathen des Herrn von Husar einen Bedienten in meine Dienste, dessen Name
David war, bald darauf schickte ich dieses Moeuble wieder weg, da mich seine
Sanftmuth und Dummheit beinahe ins Grab gebracht hätten - in wenigen Tagen nach
seiner Entlassung kam ein anderer Bediente in meine Dienste, der Gabriel heisst
- eine absurde figur hat, gar nichts weiss, keine Sprache gut spricht, der aber
auf Reisen vortrefflich sein soll - das werde ich sehen, indessen glaube ich's.
- Er begleitete den Doctor Burkhard - in seiner Reise nach Egypten und rettete
ihm daselbst in einer Krankheit das Leben. Durch diesen Menschen liess ich mir
ein Caique von denen Prinzen Inseln bestellen, die breiter als die gewöhnlichen
Boote sind, die man in Constantinopel und selbst bei den Dardanellen finden
kann. Sie haben Segeln und 4 paar Ruder. Die Équipage bestehet aus 4 bis 5 Personen.
- Den 24-ten in der Früh wurden also meine Effecten, in 3 Betten, 6 Mantel Säcken,
4 Packtaschen, und 7ben Sätteln bestehend, vorläufig am Bord gebracht - Wir
aber schifften uns gegen 12 Uhr ein, nachdem uns mehrere Herrn von der Mission
begleiteten -. Das Meer war ziemlich hoch. - Wir hatten Nordwind - und in beiläufig
2 1/2 Stunden landeten wir in Principos (= das Dorf auf der Insel Principos).
Die Schiffer haben die Précaution, immer Nahe bei dem Ufer zu bleiben - Wir
kamen daher mit unserm Schiff in die Höhe von Maltepe (kleines Dorf welches
gegenüber von Principos liegt). Die Schiffs Leute auf denen Inseln haben die
reputation, sehr keck zu sein - Für furchtsam halte ich sie gerade nicht, aber
sie nehmen précautionen. - Sie sind verheurathet, haben Kinder, und lieben ihr
Leben. - Wenn starker Südwind ist, können die Schiffer manchmal gar nicht nach
Constantinopel, da damals die See immer höcher ist, als beim Nordwind - Kein
Reisender darf sich fürchten, wenn man ihn willig transportirt. - Die sogenannten
Prinzen Inseln sind 9 an der Zahl. Principos, Calchi, Antigoni und Proti sind
die grössern - die andern sind gar nicht bewohnt. - Wir stiegen in der grössten,
in der Insel Principos nämlich, ab - da in der selben nur ein Art Gasthaus ist.
In Constantinopel kennt man's unter dem Namen Signora Maria, die eine Genueserin
ist, auch einen Mann hat, der ein elender kranker Kerl ist, und von dem wir
in dem Haus gar keine Notitz genommen haben - Sie gab uns 2 gute Zimmer, und
besorgte den Ankauf für unsere Küche - Sie soll gut kochen, uns war aber Herr
Krebs hinlänglich, um auf ihre Talente Anspruch zu machen. - Der Reisende, der
nach diesen Inseln kömt, braucht sich übrigens mit gar nichts zu versehen; wenn
er auch längere Zeit da bleiben sollte, denn man findet Reis, Hammel Fleisch,
sehr gutes Brodt und excellent frische Fische. Wenn diese Frau nicht mehr leben
sollte, so kann man sich bei andren Griechen einquartiren - Si trovera ist immer
der alte refrain - und ich behaupte, dass es niergends angenehmer zu reisen
wäre, als in der Türkey, wenn man die Pest nicht zu befürchten hätte, denn man
bekömt allenthalben Unterkunft und Lebensmitteln - der Übel aber dieser infamen
Krankheit machts ein wenig bedächtig, denn man kann davor doch nie ganz sicher
gestellt sein, wenn man auch so wenig, als ich daran kehre und mich darum bekümmere.
In Constantinopel halten die Griechen und Armeiner unter sich eine Art Quarantaine.
Was kanns aber da helfen, wo so viele Türken sind, die darauf nicht achten -!
Wohl können aber die Griechen auf denen Inseln diese Anstallt ungestört unter
sich handhaben, da nur selten Türken, oder auch sonst andre Reisende sie aus
Constantinopel besuchen. - Alsobald wir in unserm neuen Haus possession unsere
Zimmer genommen haben, und Krebs seine Casseroles établirte, machten wir uns
auf den Weg, die Insel ein wenig durch zu kreutzen, da man, in dieser Gegend
überall, ohne Ausnahme sein eigener Wegweiser und Ciceroni sein muss - da sich
die Leute mit dem gar nicht beschäftigen, was die Reisenden allenfalls interessiren
könnte, denn sie haben mit den Türken, der Pest und sich selbst hinlänglich
zu thun - So kann's auch geschehen, dass man manchmal an denen intéressantesten
Gegenständen vorbeigehet, wenn man die nöthigen Bücher nicht immer mit sich
führen kann, was gewöhnlich der Fall ist, und wenn man nicht Zeit genug hat,
um alles durchsuchen zu können. - Wir sind auf einen recht bequemen Weg - zwischen
frischen Gesträuchen, gegen ein Gebäude, welches sich auf einer ziemlichen Anhöche
Südwärts presentirte, und fanden, dass das Gebäu ein Kloster sei, welches dem
Heiligen Christoph geweiht ist - Ich hielt mich da nicht auf, denn ich sah ein
anderes Kloster auf einem weit höcheren Berg - in der selben direction, und
ich habe den Fehler, dass ich jeden grossen Berg ersteigen will -; der Weg,
der dahin führt, ist so, wie wir es in denen neueren Anlagen unserer englischen
Gärten zu haben pflegen, und schlängelt sich zwischen äuserst frischen Bäumen
und grünen Wiesen hindurch. - Kein Wald ist auf der ganzen Insel nicht - auch
keine grossen B)ume, ausser einigen schönen Pinien. - Der untere Teil oder der
Fuss der Insel so zu sagen, ist allenthalben angebaut - höcher hinauf ist hingegen
alles mit brousailles verwachsen - Viele von denen Gesträuchen und die meisten
Bäume sind der Art, dass sie ihre Blätter im Winter nicht verlieren - welches
denen Inseln überhaupt im ganzem Jahr ein blühendes, lachendes Ansehen giebt
- Felsen sind hie und da entblösst zwischen einer üppigen Vegetation, welches
hübsch in Groupen gesetzt, der wahrhaften Einöde ein gewisses Leben giebt, welches
nur der begreift, der mit sich selbst nicht ganz allein ist - Als wir an das
Kloster St. Georg kamen, fanden wir die Thüre verschlossen - 2 Hunde bellten
ungeheuer - Von keiner Aussicht nach Constantinopel oder gegen die Gebürge von
Moudanien und dem Olymp konnte man den Genuss haben, da der Jupiter Pluvius
uns nicht einmal den Csamulga zu sehen erlaubte - das Wetter war schlecht, sehr
feucht und regnerisch - Ich dachte, dass endlich das Hundgebell jemanden aus
dem Kloster, der Neugierde wegen, herausbringen werde. - Nicht im mindesten;
alles blieb ruhig, was mich ungeduldig machte, so dass ich an einem Thor gewaltig
klopfe, um die insoucianten Mönche aus ihrer Lethargie zu bringen. Es kam jemand
an die Thüre, innerlicher Seite, und sprach mehreres was keiner von uns verstanden
hat, denn es war neu griechisch und es war kein Mensch mit mir, als Landschulz
und Ender - Nachdem wir aber insistirten, wurde die Pforte geöffnet und uns
ein abgeschmackter Kerl vorgestellt, der italienisch mit uns sprach, und über
unsere Visite äuserst erstaunt zu sein schien - - jedoch zeigte uns ein Mönch,
der sich da presentirte, uns die Kirche und fragte, ob wir uns nichts zu uns
nehmen wollten, nachdem diess artig ebgelehnt und dem Mönch ein Tringeld von
von 30 paras gegeben hatten hatten, giengen wir einen andern Weg wieder nach
Hause -. Mir kam's im Sinn, dass diese Leute in einer Art von Quarantaine seyen
- und kaum erzählten wir im Hause, wo wir gewesen sind, als meine Muthmassung
sich durch die Angst des Gemahls der Signora Maria verificirte, der eingermassen
durch unsere verischerung, dass wir nichts anrührten, rassurirt wurde, sich
dem ohngeachtet bis heute Abend vor meinen Augen nicht sehen liess. - Es kam
ein Fremder aus Constantinopel, um in der Insel einige Zeit zu bleiben - weshalb
er ein Zimmer in dem Kloster St. Georg genommen hat, wo an der Pest glücklich
gestorben ist und die ganze heilige Siebschaft der griechischen Mönche in die
fatale Laage gesetzt hat 40 Tage allein und von allen Lebenden abgesondert verleben
zu müssen. Das ist eines der schrecklichen Sachen in der Pest, dass man die
ganze Menschheit zum Feind hat, indessen in anderen Krankheiten so viele ihre
Hülfe, ihren Beistand anbiethen. - Noch ist in einem vom Principos (dem Ort
nämlich) links gelegenen Thal ein drittes Kloster - zu Ehren des Heiligen Nicolaus
erbaut - dessen Laage nicht hübsch ist und durchaus gar keine Attention verdient.
Die beiden andern haben eine angenehmere Laage. Das von St. Georg ist auf den
höchsten Punct in allen denen 9 Inseln und die Aussicht von da muss sehr schön
sein. - Der Umfang der Insel Principos kann gegen 2 teutsche Meilen haben. Es
wird ganz und ausschlüsslich von Griechen bewohnt - Ein grosses agrément ist
unter andern, dass keine Hund die Luft impestiren - so wie in Constantinopel.
- Die Luft wird auf denen Inseln für gesund gehalten. - Auf mich machte der
Unterschied von dem Clima in Constantinopel und dem auf diesen Inseln einen
auserordentlichen Unterschied, und eben so sehr ich vorher fest überzeugt war,
dass das Clima und ihre Einwirkungen auf unseren Körper nur in unserer Einbildung
sei, eben so glaube ich jetzt, dass nichts so sehr auf uns wirkt - denn in Constantinopel
fühlte ich, dass ich Nerven habe - und das ist ein schreckliches Gefühl - ich
konnte nicht essen, nicht schlafen - ect. - jedoch befand ich mich beim Nordwind
immer besser, als wenn der warme Südwind wehte. Die 3 Tage, die ich hier bin,
fühle ich mich, wie neugeboren. -
(25. Oktober
1818)
Der 25-te 8ber war auch kein schöner Tag, dennoch war ich in der Früh brauchbar,
und wir schifften nach der Insel Calchi, auf welcher drei Klöster sind St. Georg
- St. Trinita - St. Madonna. Zur ersten war unser erster Gang - in einer breiten
allée von hochen Pinien, die besonders von der Insel Principos sehr schön und
malerisch anzusehen sind. - Der grosse Regen verhinderte uns ihren Garten, die
in Terassen eingtheilt sind, anzusehen. - Die Laage der St. Trinita scheint
die alle vortheilhafteste zu sein, um Constantinopel sehen zu können - die Position
der St. Madonna ist nach meinem Sinn die aller Einladendste, und ich würde am
liebsten in der mich établiren, wenn ich ein griechischer Mönch wäre - die schöne
Umgebung von Bäumen, der grosse freye Platz - oder die frische grüne Wiese vielmehr,
die man sich vorstellen kann, wenn man in England gewesen ist - macht den séjour
unvergleichlich und wie glücklich ist der Gutsbesitzer, der seine Campagne -
oder sein Landhaus in solcher herrlichen Gegend besitzt. Da wir auf der Insel
Principos weiter gar nichts zu tun hatten, als um 6 Uhr zu Mittag zu speisen,
verweilten wir auf Calchi so lang, bis wir von zu starkem Nordwind nicht gleich
auf der Stelle nach Principos zurückkonnten, und das theils, um von der angenehmen
Laage der Insel selbst zu profitiren, als auch um einen günstigen Augenblick
abzuwarten, wenn die Sonne Constantinopel bescheint - datzu hatten wir Hoffnung,
denn der Nordwind trieb die dunklen Wolken so schnell von denen Gebürgen des
alten Bithiniens her, dass das Wetter alle Augenblick sich änderte. Indessen
blieb für den Tag Constantinopel unbeleuchtet, und dicke Nebel Wolken verhinderten
uns, an der bekannt schönen Aussicht zu ergötzen. - Der Wind blieb immer stark
und wir warteten bis gegen 5 Uhr in einem griechischen Kafehaus, um dass er
sich legen sollte - da aber das nicht geschah, so entschlossen wir uns endlich
alle, wegen dem diner, was uns bei der Signora Maria erwartete, und wegen den
guten Betten, die daselbst schon etablirt waren, auf unsern kleinen Kahn einzuschiffen.
- Das Meer war hoch, aber gefährlich nicht, und das kann es auch nicht recht
sein, wenn man die Segeln bei Zeiten schon einspannt, denn die Tiefe ist unbeträchtlich.
Die Schiffer machten zwar keine Einwendung uns hinüber zu transportiren, da
gerade vor uns ein kleines Schiff hinüber setzte - die Gefahr machten sie dennoch
grösser als sie wirklich zu befürchten war - und das auch nur des Bakcsis wegen.
Als aber unser Ender einigen Anstand nahm, mit uns diese Fahrt zu wagen, überredeten
sie ihn selbst mit zu kommen, versichernd, dass gar nicht die mindeste risque
sei. Überhaupt kann man in der ganzen Welt alles mitmachen - was die andern
Leute wagen. Ich hab noch keinen gekannt der sein Leben nicht lieb gehabt hätte
- und besonders darf man sich nicht scheuen, das zu thun, was ein verheuratheter
Mann einem vorzumachen im Stande ist? Fesselt etwas mehr an die Welt als Weib
und Kinder? Wenn man ledig ist, kann man sich alle Tage todschiessen. - Nach
mühsamen Rudern sind wir glücklich angekommen. Die Caique von denen Prinzen
Inseln mögen gegen 30 bis 34 Fuss lang, und in der Mitte gegen 8 Fuss und das
kaum, breit sein. NB. sind die türkischen Caique in Constan(tinopel) und an
denen Dardanellen im Verhältniss noch kürzer, die haben 4 paar Ruder, und ein
Steuer Ruder (welches nur die grösseren Caique in Constantinopel als die mit
3 paar Rudern haben, und alle die Kleinern). Wenn sie rudern, haben sie keinen
Steuer Mann, dessen Amt fängt nur mit dem günstigen Wind und denen aufgespannten
Segeln an. Ohne Segeln, glaube ich nicht, dass sie dem Chaviriren ausgesetzt
sein können, mit denen Segeln aber halte ichs für möglich.
(26. Oktober
1818)
Den 26-ten wollten wir unsere Reise nach Nicomedien antretten, jedoch erlaubte
das der Wind nicht, und wir waren genötighet einen Tag Wind zu feyern. Eine
unangenehme Sache - die alle Reisepläne, die man sich nur immer machen könnte,
unrichtig macht. - Der 26-te wurde also in der Insel Principos zugebracht, und
ganz allein datzu verwendet, um die Laage der Insel selbst als auch um die Ufer,
und insbesonders um den Umfang derselben genau zu untersuchen. - Der Hofrath
Brenner hat ein kleines Werk über eine Reise nach Brussa herausgegeben, in welcher
mehreres über die Prinzen Inseln angemerkt wird. - In der Früh gegen 5 Uhr,
weiss ich, erweckte mich eine Glocke aus meinem Schlaf - die in einer der griechischen
Klöster geläutet wurde. In der Türkey ist der kleinste Fall, die unbedeutendste
Kleinigkeit hinlänglich, den Reisenden unangenehm zu überraschen, wenn's ihn
an sein Vaterland erinnert. - Mir gehet's auch so - wiewohl ich mein Vaterland
nicht mehr liebe. Nach Sonnen Aufgang, war Constantinopel einen Augenblick ganz
erhellt und beleuchtet -. Diese Gegend und Aussicht, gestehe ich, ist gar nicht
in meinem Geschmack - Man sicht auch eine Ebne, auf einer Sand Land Zunge, einige
weisse Streifen und einige Mosquen en miniature - das ist beiläufig das herrliche
Bild, mit welchem uns alle die parvenus, die einmal in Constantinopel gewesen
sind, enfiliren, und sie beneiden machen wollen. - Ziemlich zeitlich, das heisst
gegen 12 Uhr unternahm ich eine lange promenade, und wollte an der Küste die
Insel umgehen, die nach dem Herrn Brenner 2 teutsche Meilen im Unfang haben
soll - Viel wird daran nicht fehlen - Meine Probe, die ich unternommen habe,
gelang nicht, da mich die senkrechten Felsen, die hie und da das Ufer bilden,
hinderten - rund herum zu kommen. Einen grossen Fisch fand ich umgebracht an
dem Ufer, und alle jene Kleider die dem armen Reisenden gehörten, der in dem
Kloster St. Georg an der Pest gestorben ist, und die ganz nahe von einer kleinen
Erdzunge, die die Insel bildet, an einem Baum aufgehenkt waren, um da aus zu
lüften! Diese kleine Landzunge gehet so zu sagen aus denen Felsen hervor, auf
welchen das Kloster St. Georg stehet - und ist auf einer Seite von hochen Pinien
umgeben. - Dieser kleine cultivirte Ort ist allerliebst. Ein kleiner Fusssteig
führt zum Kloster. - An einem der höchsten Spitzen der Insel verweilte ich ziemlich
lang und entdeckte, dass zwischen grossen und kleinen gerade 9 Inseln sind,
die unter dem Namen die Prinzen Inseln passiren. - Calchi ist unstreitig die
hübscheste, aber wenigstens um die Hälfte kleiner als Principos. Von denen zwei
Klöstern della Madonna, oder della Trinita weiss ich wahrlich nicht, welchem
ich den Vorzug geben würde. - Auf Inseln - und in abgesonderten Plätzen ist
mir so wohl. Gott weiss, ob ich mein Leben nicht in einer schönen Gegend allein
und einsam enden werde.
Was für gutes Wasser die Mönche haben? Cisterne enthällt ihr Getränk, welches
auf den Dach ihrer Klöster gesammelt wird. Ein hübscher Brunnen von Marmor ist
auf die Cisterne placirt, und man schöpft sich so das Wasser, als ob's aus der
Erde käme. Mit gar schönen Bäumen ist das umgeben - und bildet ein ensemble
für die Wohnung eines Gelehrten, oder eines reuigen Sünders.
Auf der Insel Antigoni, wohin wir glatterdings nicht konnten, ohne unsere Schiffleute
auf einige Wochen unbrauchbar zu machen - ist wieder ein Kloster des Heiligen
Georg, in welcher die griechischen Mönche, die rechte Hand des heiligen Johannes
dem Taufer denen Reisenden zeigen - Auf der Insel Proti wird anjetzt das Kloster
des Metamorphosis unsers Herrn Jesus - gebaut und établirt. Im ganzen scheinen
die Mönche gut zu stehen - indessen kenne ich das Verhältniss, welches zwischen
ihnen und denen Türken ist, nicht genau, um etwas hierüber zu erwähnen.
Auf denen Inseln giebt es viele wohlriechende Kräuter, zwischen denen die Wege
sich zu denen Klöstern hinschlängeln - was aber noch schöner und angenehmer
ist; das sind die ewig grünen Bäume und Gestreiche deren Anzahl bedeutend ist,
so zwar, dass die Inseln in jeder saison ein frisches Ansehen haben müssen.
(27. Oktober
1818)
Den 27-ten in der Früh brachte man unsere Bagage am Bord des selben Caique,
welches uns von Constantinopel nach Principos gebracht hat. Mit excellenten
Wind waren wir beiläufig in 3 Stunden in Arezzio, nachdem wir nebst dem Dorf
Maltepe, welches gegenüber von Principos liegt, weiter voran die Dörfer Cartali
und Pendichi, und die Inseln Paulo und Andria gesehen haben. Sodan fährt man
nahe bei dem promontorium, Os bournou vorbei, sieht die 3 unbedeutenden Insel
Sardagani, längst Duzla und Jelken Kaja nach Arezzio, auf türkisch Darza. Dieses
letzte Dorf ist am Abhang eines Berges und zeigt sich amphitheatralisch. Unser
erstes Geschäft war, gleich nachdem wir débarquirten, uns eine Wohnung zu suchen.
Suchen muss man übrigens, wenn man die Nacht nicht im Freyen zubrigen will:
denn es giebt weder Wirtshaus, noch Khan. Man brachte uns in ein Haus, welches
eins der aller ersteren im Dorf ist - das gefiel uns nicht - wir suchten ein
anderes und begegneten in der Hauptstrasse von Arezzio die versammelten Griechen,
deren Primaten eben von Haus zu Haus sind, um eine zu leistende Zahlung zu repartiren.
Wir fanden endlich ein schlechteres Haus, wie das erstere, welches man uns zeigte,
und wir gingen in das alte wieder zurück. - Wenn Pest im Lande ist und das Wetter
kalt und regnerisch anhaltet, da weiss ich bei Gott nicht, wie man in diesem
Lande mit Vergnügen reisen kann - denn nicht nur dass alle Provisionen fehlen,
sondern die hölzernen Häuser sind so niederträchtig schlecht, dass man 8 la
lettre froh sein kann, wenn man nicht durch und durch fällt. - Nachdem eine
kleine Collation eingenommen wurde, und ein grosser Palamede um 4 piaster angekauft,
erkundigte man sich bei gross und klein, um das Grab des Hannibals, denn eigentlich
war das die Ursache von unserm Aufenthalt in Arezzio. - Nachdem kei Mensch die
Laage der Grabes wusste, und noch Le Chevalier als auch Herr von Hammer sich
die Mühe genommen haben, denen Reisenden anzukündigen, wo sie's eigentlich suchen
sollen; überliessen wir uns ganz der Führung unseres Hausherrn. In dem Dorf
wohnen nur Griechen, welches man gleich merken konnte, da uns keine Türkischen
Hunde entgegen gekommen sind, die nur bei denen Türken wohnen. Unser Hausherr
führte uns entlang der Seeküste, auf einem steinigten Weg - und wir hatten Mühe
genug den von ihm für eine halbe Stunde angegebenen Weg in ¾ zurückzulegen.
Ich war für meine Ungeschicklichkeit gestraft, ein's von meinen Adnotationen,
welches mir Monsieur Beaurepaire während einer Promenade zu Pferde in der Gegend
von Belgrad, nicht gefunden zu haben - denn in der stehet es ganz ausdrücklich,
dass man in Arezzio zwar débarquiren, das angegebene Grab Hanibals aber in der
Nähe von Gebisé am Fuss des Berges Kas Dag suchen müsse. Es war schon ziemlich
spät - jedoch mussten wir es sehen, da - auser dem Vergnügen, sagen zu können,
dass man das Grab des Hanibals gesehet hat - von Constantinopel bis nach Nicomedien
wohl gar nichts zu sehen ist, was die Fatigue vedient, die man aushalten muss.
- Es regnete - Ich war müde; es half aber nichts: und wir entschieden uns auf
der Stelle, dass wir nach Gebisé müssen. Unser Hausherr war indessen stützig
geworden, und suchte manche pretexte um uns von unserm Plan abweichen zu machen
- Er muss keine grosse Idee von der Courage der Franken haben, noch muss er
ihnen nicht viele Lust zum Gehen zutrauen, denn er bediente sich der zwei alten
gewöhnlichen Schreckenberger, - Gefahr nämlich und einen langen beschwerlichen
Weg, die er vorschützte - Alles das war nicht hinreichend uns abzuschrecken.
Moi pour ma petite personne j'étois sur que a n'étoient que des farces. - Wenn
man im allgemeinen solchen discours anhört und glaubt, ist man ausgesetzt, aus
der Türkey, wo solche Abschreckungsmitteln in der Mode sind, wieder heraus zu
kommen, wie man herein gegangen ist. - Der Haus Herr entschloss sich endlich,
ziemlich de mauvaise grace, an unsere Spitze sich zu stellen und nach Gebisé
zu geleiten - In einer guten viertel Stunde erstiegen wir den Hügel, der Gebisé
dominirt, und wo von dieses beinahe nur von Türken bewohnte Dorf oder Markt
sich sehr grazios presentirt -. In der andern 1/4 Stunde waren wir im Ort selbst
- und ich musste über den Griechen, dessen enfilade nicht gelungen ist, uns
auf seinem schlechten Küsten Weg in sein Taubenkobel zurückzukriegen, recht
lachen, wie ich erfahren habe, dass man von Palio Castro in einer halben Stunde
auf einem excellenten Weg nach Gebisé kommen könne, und dass uns die wenigen
Türken die in ihren Gewölbern und Kafe Häusern sassen, freundlich empfingen.
- Das patriarchalische Aussehen eines türkischen Schuhmachermeisters frappirte
mich der uns den Rath gegeben hat zum Gouverneur der ein Aga ist, und von Constantinopel
seinen Impuls kriegt, zu gehen, und von dem die Erlaubniss zu nehmen, cie Antiquitäten
in der Gegend Gebisé ansehen zu dürfen. Ich machte mich alsobald auf den Weg,
zog meine Schuh aus und presentirte mich dem alten ein Nargile rauchenden Aga,
der uns einen Mann, der einige italienische Wörter konnte, und eine enge rothe
Hose anhatte, mitgegeben hat. Wir sind schnell 20 Minuten gegangen, und waren
gewiss noch eine kleine viertel Stunde von dem obern Abhang des Kas dag entfernt,
wo das Grab des Hannibal sein soll, und welches aus einem Schutt alter, aber
nicht grosser Steine, bestehet. - Ein kleiner morastförmiger Bach, der an dem
Fuss des Berges vorbei fliesst, und uns davon theilte - und ein unangenehmer
Nordwind der häufigen Regen uns gerade ins Gesicht brachte, engagirten uns dieses
kaum bemerkbare Monument eines Helden, der wahrscheinlich wo anders begraben
ist, nicht noch näher anzusehen. - Lechevalier ladet den Reisenden ein diess
Grab zu öffnen. - der Reisende wird aber das wohl bleiben lassen, da mit der
Zeit mehrere Türken von Rang auf dem Hannibal hinaufbegraben worden sind, und
der giaur von denen Osmanen gewiss nie die Erlaubniss erhalten wird, die Türken
aus der Erde zu reissen, um seinen Hannibal zu finden. - Hammer sagt nichts
von dem Grab, was eine Erwähnung verdiente - und ich gestehe meine Unwissenheit,
dass ich gar die Quelle nicht kenne, aus welcher die allgemeine Meinung entsprungen
ist, dass das Grab des Hannibals sei - Bekanntlich war Hannibal ein Gast des
Königs Prusias, der ihn die damalige Stadt Libyssa einräumte. - Da die Römer
den Hannibal verlangten - endigte dieser selbst sein Leben, indem, wie bekannt,
Prusias ihn ausliefern wollte. In einem solchen Augenblick würde man auf Erbauung
eines Sarges für einen in so unglückliches Verhältniss gefallenen Mann gar nicht
gedacht haben, und hätte man's, so würde der angegebene Sarg gar nicht in dem
genre von dem des Achilles ect. sein, sondern so wie die Särge damals alle zu
sein pflegten. Der Stein Haufe den man aber sieht, ist nichts weiter, als ein
Tumulus - Landschulz hat diese Meinung, und ich gebe ihm ganz recht. Im zuhause
gehen fand ich mehrere Schnepfen - die häufig in dieser Gegend zu finden sind.
Rebhühner giebt es auch ungemein viel, denn sie vermehren sich ohne gestört
zu werden, da in Gebisé nicht ein einziger Jäger ist. - Gebisé soll von Arezzio
nur 1 Stunde weit sein, indessen hat man gute anderthalb Stunden zu wandern.
Wenn ein Reisender Zeit genug zu verlieren hat, den Golf von Nicomedien (jetzt
Ismit) zu bereisen, so rathe ich ihm es in Sommer zu thun, wenn er auf einem
Schiff schlafen, eine Nacht durchsegeln oder reiten kann: in der jetzigen Saison,
wo man ohne grossem désagrément eine Nacht auf keinem türkischen Caique zubringen
kann, da man allen elementen Preis gegeben wird, ist die Reise nach Nicomedien
und Nicea zu beschwerlich und zu wenig intéressant, um dass man für seine Mühe
belohnt wäre. - Den Abend haben wir ziemlich luftig in dem durchlöchertem Haus
unseres Griechen zugebracht, welches so verschoben und gebogen war, dass man
sich des Gedankens nicht erwehren konnte, dass es bei der Nacht zusammen fallen
muss: einige Gläser Punch mit dem Hausherrn freundschaftlich ausgetrunken stimmten
uns fröhlich und wir dachten an die, die uns lieben und unsere Freunde sind.
(28. Oktober
1818)
28-ten sind wir um 7 Uhr mit unserm alten Caique weg, nachdem wir gewöhnlich
2 Stunden zu thun haben, um flott werden - 50 türksch Milien sind von Arezzio
nach Nicomedien; zu Land reitet man es in 9 Stunden im Schritt. - Von dem Caique
sahen wir links das alte Genueser Schloss. Palio Castro zum zweitenmal und links
Südwest Bos bouroun, was der äuserste Spitz der Erdzunge ist, der den Golf von
Nicomedien vom Golf von Mudania theilt. Auf beiläufig 18 Milien von Arezzio
kommt man zwischen die Vorgebirge Dil und Hersek, welches letztere vielmehr
eine Erdzunge ist, und dann eigentlich ist man erst in dem eigentlichen Golf
von Nicomedien, denn durch diese zwei promontorien wird die See eingeschlossen.
Links in dem vorigen Bythinien sieht man mehrere Dörfer, die keine besondere
Notitz verdienen; von Haraca das ganz nahe an der Küste liegt, und in welchem
letztem Dorf das erste Karavan Sérai von Nicomedien nach Scutari etablirt ist,
gehet die Strasse der Karavanen längst der See, und wir sahen mehrere Reisende
in schmutzigem Costüm in ihrer Wanderung begriffen. Ich hab' von dem Caique
auf eine Kitte Rebhühner geschossen die am Ufer gelaufen ist - hab' aber gefehlt,
später hab' ich 4 See Tauben geschossen. - Wir hatten keinen Wind, und unsere
Griechen mussen die 50 Milien immerfort rudern. Diese Arbeit vestehet man in
keinem Lande besser. 10 Milien von Nicomedien haben wir vor Anker gelegt - um
da zu frühstücken; wir hatten Adrianopolitanische Büffel Zunge; hingegen kein
Brodt. Die Schiffer borgten uns das letztere. Die Anker der Caique wägen so
viel, dass man's mit einem Finger aufheben kann; ich muss immer lachten, wenn
er geworfen wird. Auf denen Caique ist viel angenehmer zu fahren, wenn kein
Wind ist, und wenn man nur rudert, denn da stehen sie gerade, und halten selbst
das grosse Meer sehr gut - mit denen Segeln stehen sie aber so Schiff, dass
man immer denkt, dass ein kleiner Windstoss hinglänglich ist um sie umstossen.
Diess kömt aber nur weil man die Gewohnheit nicht hat, und sich immer einbildet,
man wäre im Wagen, der bei einer solchen gewiss umfallen würde. Eben so gehet's
mit denen hölzernen Häusern, die oft so verschoben sind, dass man sich fürchtet
hinein zu genen, den(n) steinerne könnten in der Laage nicht stehen. Die Berge
die den Golf gegn Süden einschliessen presentiren sich mayestätisch, und erheben
sich kühn über die See. Mir war sehr leid, dass es geregnet, und selbe nur selten
beleuchtet worden sind. Sie errinern mich an die Schweitz. Gegen 3 Uhr sind
wir in Nicomedien angekommen, welche Stadt mir bei weitem nicht den Eindruck
gemacht hat den ich mir vorstellte. - Man sprach mir immer von einem Amphi Theatre,
und ich hoffte diesen Golf zu Ende mit hochen Bergen ganz eingeschlossen zu
finden, - und war nicht wenig erstaunt den Golf, der so schön angefangen und
so viel versprochen hat, so schlecht und garstig endigen zu sehen - und das
ist beiläufig der Fall - denn anstatt denen hochen Bergen, die ich vermuthete
- tritt die See in einen hässlichen Morast über, der sich in die Länge zieht
und der - endlich durch ein etwas erhöhtes Land pro forma aufgehalten wird.
- Nicomedien presentirt sich nicht einmal von weitem sehr hübsch, wie es doch
der Fall bei manchen türkschen Städten ist. Und ich sagte noch beim heraustretten
aus unserm Caique, dass Nicomedien von Ausen sich nich hübsch presentirt, -
dass wir aber wahrscheinlich das Innere besser, wie gewöhnlich finden werden
- was bis jetzt immer der entgegengesetzte Fall gewesen ist. Wir debarquirten
bei der Maut - was ist der Türkey immer der Fall ist, und man könnte was immer
denen Schiffsleuten geben, sie würden in einem Hafen nicht wo anders hinfahren
- das türksche Schwerdt muss über die Contrebande gefährlich hengen. Uns war
das aber gleichviel, denn wir hatten eine Art Lascia passare für alle Städte
in der Türkey, was für die Reisenden von der grössten Wichtigkeit ist, wenn
sie nicht allenthalben ihre Bagage unter einander geworfen wollen haben. Mich
machte keiner von der Mission auf dieses Zettel aufmerksam - als Herr von Lippa
eine halbe Stunde vor unserer Abreise mich darauf aufmerksam machte - und einen
Janitscharen expedirte um es zu hohlen - der in einer halben Stunde auch ganz
richtig damit erschien. Zu haben muss es also leicht sein - was es aber enthällt
und wer es einem giebt, weiss ich nicht, genug, dass man sich bei einer Mission
dafür bewerben kann. - Ich, Landschulz, Ender, Zimmermann und Gabriel sind ausgestiegen,
Krebs bewachte mit Johann das Gepäck. - Der erste Grieche wurde gefragt, ob
er kein Haus für uns wisse, gab er uns eine direction, die wir verfolgten; ich,
ohne zu wissen, wohin - und nachdem wir assen auf Gassen ab, eine starke halbe
Stunde herumgeführt wurden, gelangten wir endlich in einen Chan. Das war glatterdings
nicht bewohnbar, und wir packten uns wieder weiter - bis man uns in ein griechisches
Convent brachte, dessen Aspect auch scheusslich war. - Ich wollte wieder weiter,
um ein andres zu suchen, da fiel es mir ein zum Aga zu gehen, denn ich hatte,
wie voran angemerkt, ein Veziralschreiben an seinen Chef dem Pascha von Brussa.
- Nachdem die Stiefel ausgezogen gewesen sind, tratt ich im Mantel, Cravatte
bis an die Nase, den Hut auf dem Kopf vor meinen Aga, der eben einen Process
beendigt hatte, und eine ganze Gesellschaft von Griechisch Kaufleuten entliess
- In der Mitte des hübschen türkschen Saales sitzte auf der Erde ein jüdischer
Schneider, und schnitt vor dem Auge des méfianten Türken einen Kaftan von ziemlich
groben Zeug zu. Ich wurde mit Pekey, Usgeldi, und einer Tasse Caffé empfangen.
Individuellenemt liebe ich die Türken sehr - im ganzen hasse ich sie. Einzeln
haben sie aber alle Eigenschaften, die in dem freyen mächtigen Mann reif werden
können, und die in einem Sclaven selten bis zur Blüthe kommen. - Er gab mir
einen Menschen mit, um mir ein Haus eimzuräumen - Wie froh war ich - Landschulz
etc. blieb indessen im Convent, um das wenigstens zu haben, im Fall der Aga
mich zum Teufel jagen würde. - Nun wollte ich auf der Stelle die Bagage abladen
- meine neue Wohnung, die ich auf 2 Tage zu bekommen hoffte - einrichten - Krebs
an einen brennenden Herd stellen, meine Wachskerzen anzünden, die ich von Constantinopel
mit genommen habe, und so Landschulz und Ender empfangen, die wahrscheinlich
schon Langeweile hatten, denn alles das währte ziemlich lang. Wie ärgerte ich
mich aber - wie man uns, als eine grosse Faveur das Convent, welches wir schon
in posses hatten, anwiesen, und ich dem Türken 6 piaster zahlen musste, nachdem
in des Aga's-Haus ich unter der Dienerschaft 6 piaster schon ausgetheilt hab'.
- Was war zu machen?
- eh, patience! Die 2 Löcher, die in dem Convent sind - von Fenster ist übrigens
keine Rede - wurden also verstopft und wir breiteten uns in das selbe aus. -
Der Magen war leer. Einige kleine provisionen wurden schnell herbeigeschafft
- Wir machten indessen eine promenade - um einige verfallene Gebäude anzusehen
- die auf einem kleinen Hügel, nahe am Meer, hinter dem 40 Arsenal, in einem
charmanten emplacement, von Zipressen umgeben - dem Auge ein gefälliges Aussehen
geben. - Was es war, weiss kein Mensch. Man hällt sie für Gebäude aus Diocletians
Zeiten. - Mag sein. Mir ist's gelichgiltig, den(n) im Grunde ist nichts daran.
- Wir nahmen Reis und einen alten Hahn ein, und Schliefen ohne Wanzen und Flöhen.
Zu wundern! denn wir wohnen in der Schule - und die Knaben, die den ganzen Tag
gelehrt und von einem langweiligen Schulmeister auf die sonderbarste Art der
Welt abgerichtet werden - kamen heute in aller früh,
(29. Oktober
1818.)
Den 29-ten um ihre Dinten Fässer abzuhohlen -. Wir blieben lang im Bett. Besahen
noch einmal die gestrigen Ruinen - suchten den ganzen Tag den Karavan Serai
des Herrn Hammer vergebens. - Besahen einige unbedeutende Ruinen auf der Höche
von Nicomedien, sahen einige langweilige Inschriften - fanden mit vieler Mühe,
die Cisterne Imbaba, vom welchem man noch erwas sieht, und was das einzige in
Nicomedien ist, was eine Art Attention verdient - Von da, nahe zu dem Oliven
viertel ist die vielgepriesene Aussicht von Nicomedien - am schönsten - Leider
kömt die partie honteuse dieser Aussicht, der infame Morast, immer ins Bild.
- Es existirt kein Mosquée, die die kleinste Aufmerksamkeit verdient, wiewohl
Herr von Hammer, als ein wahrer Orientalist, alles bewundert wo gar kein Geschmack
ist. - Überhaupt wenn man mir nur mit dem Arabischen, Persischen und Türkischen
ausbleiben wollte! - Ich bin wieder zum Aga, um ihm meinen Firman zu zeigen,
da ich erfahrem wollte, ob der Befehl wegen denen Postpferden darin enthalten
sei. - Der Aga war nicht zu Haus, ich wartete. Der Portier las mir mein Firman
vor und es fand sich, dass wegen denen Postferden nichts darin gesagt ist. So
muss ich mich denn nun bei jedem Pacha um diesen Befehl bekümmern. Das darf
ein Reisender nie vergessen - denn jetzt weiss ich, dass man für die Postpferde
einen extra Befehl von Constantinopel mit sich bringen muss - Ein Türk warf
mit unglaublicher Kraft ein Girit über ein hoches Haus! ich war erstaunt. -
Ein Türk fragte den Gabriel, alles im Hof des Aga - ob er ein Arzt sei - der
sagte nein - ich sagte aber dass ich einer sei - Allsobald versammelten sie
sich um mich, und ein jeder gab mir die Rechte, um dass ich den Puls greifen
möge. - Der eine hatte einen agitirten Puls - denn alle die übrigen waren gesund
- und ich sagte, dass er ein Fieber haben müsse. - Da wunderte er sich - Er
hat auch Kopfweh - sagte ich - noch eine grossere Bewunderung. Er hat nicht
viel Hunger - wenig Schlaf, und unangenehme Träume!... Jetzt wusste er nichts
mehr vor Respect zu sagen - und fragte mich, was er brauchen sollte, denn ich
musste es wissen, indem ich seinen Zustand so gut kenne. Gar nichts mein Lieber,
wenn man jung ist hilft die Natur allemal, man muss sich nur schonen, wenn man
alt wird, da muss man erst der Natur zur Hülfe eilen. - Nach diesem Spruch ward
er gestrost und ich sein Meister! - Unter andern Patienten kam ein alter Kerl
auch, (10 Zeilen gestrichen). - Der Aga kam nicht - ich suchte ihn in dem Arsenal
auf - bekam Kafe und Taback, und einen Bujurdi für Postpferde. Wie ich in sein
Salon gekommen bin, fand ich mitten im Zimmer - einen Menschen auf einem kleinen
Teppich knien, so dass er den Hintern gegen den Aga gerichtet hatte, fervent
und in sich gekehrt sein Gebeth verrichtete - Eine menge Türken standen im Zimmer
ohne auf ihn zu achten - Ich war vorgelassen - endlich zeigte es sich, dass
der bethende der Secretair sei - der immer die gewissen türkschen Beth Bewegungen
machte. - Morgen in aller Früh reisen wir zu Schiff wieder ab. -
Wir accordirten mit dem türkschen Caiqu'chy bis nach Karamursal, welches 30
Milien (türk) auf der südlichen Küste des Golfes von Nicomedien, jetzt Ismit
(Sinus astacenus) in einer hübschen Gegend liegt. - Unsere erste Idee war, von
Constantinopel über die Prinzen Inseln, das Grab Hannibals en passant ansehend,
nach Nicomedien zu gehen, wo wir einen Tag bleiben wollten. Von da dachten wir
dann über Nicea nach Brussa zu reisen. Der erste Theil unsers Plans wurde glüchlich
durchgeführt wiewohl etwas langsam und in ziemlich schlechtem Wetter. Der zweite
Theil hingegen wurde aus mehreren Ursachen aufgegeben. Und in dem selben Fall
werden sich noch gar viele befinden, die in Klein Asien diese Tour unternehmen
sollten - und ich halte es beinahe für unmöglich - in Europa einen Plan über
eine Reise in Asien festzusetzen, ohne späterhin durch Umstände gezwungen zu
sein - hie und da seine Pläne zu ändern. Die Ursache die uns hauptsächlich abhielt
- über Nicea nach Brussa zu gehen, war die saison, und die daraus entstehende
Unmöglichkeit in einer so zahlreichen Gesellschaft, im schlechten Wetter, und
mit einer so bedeutenden Bagage - über die Gebürge zu setzen, die Nicea von
Nicomedien im Winter trennt. Mir war sehr leid diesen Weg aufgeben zu müssen,
da er in denen schönsten Wäldern geht - Aus Nicea mache ich mir nicht viel,
da weder die Ruinen, die da allenfalls zu finden wären, noch die Gegend verdient
- im Regen bis dahin zu gehen und seine Zeit zu verlieren. Die aber durchaus
von Nicomedien nach Nicea müssen, nehmen ihren Weg, wie mir der Aga von Nicomedien
erklären liess, über Karamursal: das ist beinahe ein Dreieck. -
(30. Oktober
1818)
Gegen 7 Uhr wurde denn wirklich den 30-ten in der Früh vom Hafen gerudert. Der
Morgen war schön, der Aufgang der Sonne herrlich - die Gebürge gegen über von
Nicomedien malerisch schön beleuchtet. Die Nacht hindurch war ich durch ein
ungeheures Winseln von jungen Hunden, und den traurigen gleichlautenden Gesang
türkscher Seeleute, die beinache vor unsern Fenstern Anker legten, und die ganze
Nacht arbeitend zubrachten - in meinem Schlaf gänzlich gestört, und blieb gegen
10 Stunden munter.
Unsere Fahrt gieng gut, aber langsam, denn wir hatten gar keinen Wind - und
sehr faule Schiffsleute - dennoch haben wir's in 5 Stunden gemacht. Ich hab'
auf dem selben Weg eine Wild Ente auf eine unglaubliche distanz geschossen.
- Über Land kann man auch nach Karamursal; man braucht aber 9 Stunden, da man
wegen dem Morast, in dem der Golf endet, ganz ins Gebürg heraufreiten muss.
- Gleich nach unserer Ankunft in Karamursal, gieng ich zum Aga, an den ich ein
Recommandations Schreiben hatte. Durch dem guten Empfang, mit welchem mich bis
zur selben Stunde noch alle Türken, von einem gewissen Stand beehrten, bin ich
verdorben und ich machte mich alsobald auf den Weg, ohne allen andern Vorkehrungen,
um den Aga in seinem eignen Haus selbst zu sprechen, diesen groben Patron fand
ich eben unter seinem Thor, und er gieng wie er sagte in die Mosquée, und gebath
mir zu warten. Das schien mir zwar sonderbar, indessen liess ich's gut sein,
da ich mir dachte, dass er sein Gebeth genau verrichten will, und dan desto
artiger und gefälliger mit mir sein wird - So wenigstens waren alle seine Lands-Leute
zu mir bis zu ihm selbst. - Ich wartete eine halbe Stunde, liess auch mein Caique
vor seinem Haus hinkommen, und wir stellten uns in Corpore auf, 7 Personen,
wie wir waren, um dem Aga doch einiger massen einen Respect für die Giaur's
einzuflössen. Wir warteten wieder eine halbe Stunde, er kam immer nicht, endlich
war ich auch ungeduldig - und ich gieng auf den Markt vom Ort, um zu sehen,
wenn er aus seiner Mosquée kommen wird,um ihn da gleich fest zu halten. - Sein
Koch, und einer seiner Kammerdiener, da sie ganz zum Spass pretirten, wurden
ein wenig durch den Dollmetscher Herrn von Gabriel aufgezogen, und sie erwiderten
Scherz mit Scherz. Dem Koch liess ich den Krebs vorstellen - und bemerkte dabei
- dass mein Koch seinem Herrn er hingegen für mich und meine Gesellschaft ein
Abendmal Kochen müsse. - Welchen Spass er sehr goutirte. Der Kammerdiener, der
auch einige Wörter Walachisch mit uns versuchte, wurde hingegen durch eine meiner
Antworten abgeschreckt, nachdem er nämlich fragen liess, ob ich in der Gegend
von Karamursal gewesen sei - oder ob es zum aller erstenmal in meinem Leben
wäre, und ich ihm verdollmetschen liess, dass er überzeugt sein könne, dass
es das erste und letztemal sei - und so mit der ganzen Türkey, denn bei uns
gehet es uns so gut, und wir finden es im Vergleich mit der Türkey so hübsch,
dass wir, wenn einmal aus seinem langweiligen Land zurück, nicht dumm genug
sind, noch das zweitemal hinzugehen. Er schien über die Antwort, die ihm treulich
verdollmetscht wurde, nicht aufgebracht zu sein - er entfernte sich aber mit
dem Wort Pekey. - Sein Herr kam immer nicht, und ich fand ihn anstatt in einer
Mosqué, wie er es vorschützte, ganz ruhig in einem Kafe Haus, wo er phlegmatisch
ein Nargile rauchte - Ich gestehe, ich hätte mich an dem Kerl vergreifen können.
Ich grüsste ihm auch nicht, sondern liess ihn in dem insolentestem Ton, den
ich nur immer affectiren konnte, fragen, warum er mich warten liess? - Er sagte,
immer im grösstem Phlegma eins und das andre - und wir wurden nach Hersek verwiesen,
um dort unsere Postpferde für unsere Reise nach Brussa zu hohlen. - Hersek ist
15 Milien von Karamursal und liegt an der Erdzunge von Hersek westlich. Man
debarquirt nicht in dem Ort selbst der gar nicht an der Küste ist, sondern an
der Spitze der Landzunge, auf welcher ein kleines viereckigtes einschüchtiges
Haus erbaut ist, wo man zu allen Stunden Kafe, zu manchen auch Kabab und Pilaf
bekommen, und für 2-3 personen eine Nacht nicht ganz schlecht passiren könnte.
An der Spitze wurden wir ausgeladen, alle unsere Bagage auf einer kleinen Wiese
rangirt. Der Caique, der gegen contrairen Wind zu kämpfen hatte - segelte indessen
mit gutem Wind ab - bald verloren wir ihn aus denen Augen. Ein Mann auf einem
steifen Schimmel galopirte nach Hersek, welches eine gute halbe Stunde weit
ist, um daselbst die Post zu avisiren, dass Reisende mit so und so vielen Herrn
um Bagage Pferden auf sie an denen Ufern der See warten. NB both mir der Aga
in Karamursal der endlich doch zu hause gekommen ist - eine Tasse Kafe und eine
Pfeife an, welches ich rund ausschlug. - Nachdem wir schon im Caique gewesen
sind, welcher bis Hersek neue 25 piaster verlangte und auch erhalten hat - liess
ich dem Rés sagen, dass ich dem Aga von Karamursal für einem schlechten Menschen
hielt, fiel er in die Rede des Dollmetscher - ja, das hab' ich gleich an seinen
schiefen Augen abgesehen. Der nämliche Rés war gegen mich aufgebracht, dass
ich ihm nicht schon in Nicomedien anvertraute, ich sei ein Jäger, denn er hätte
mir einen vortrefflichen Jagdhund geschenkt. Bei ihm, und dem Aga von Nicomedien
merkte ich, dass sie Pfeifen so rauchen, wie man's Nargile pflegt. Ich versuchte
es auch und es gefiel mir ganz hut. Für die Brust kann's nicht gut sein.
Wir stehen noch immer an der Spitze der Erdzunge - deren nicht Existenz Landschulz
2 Tage hindurch, wie ein Leonidas behauptete. - Endlich, nachdem ich einige
Lerchen geschossen habe, kamen 10 magere Gauler von 2 zerlumpten Chirugis getrieben,
die wurden gesattelt, gepackt und die schleppten uns bis nach dem Ort Hersek
bis wohin wir 3 mal stehen bleiben mussten, um unser Gepäck in die balance zu
bringen. - Im Ort wollten sie dan mit Strick alles so herumwickeln, dass wir
nichts mehr zu richten hätten. - Die Sonne war lang untergangen - das Wetter
schien sich trüben zu wollen - meine 2 Begleiter sind eben keine besondere Reiter
- ich entschloss - zu übernachten - Kein Chan ist nicht im Dorf, wir mussten
also mit dem Posthaus vorlieb nehmen. Die 2 Zimmer, die da sind, gab man uns
und wir durchschliefen ein unruhig unangenehme Nacht - die Zahl der Flöhe und
die der Kurire war gross - und das eine so wie das andre unangenehm.
Auf dieser Post sind gewöhnlich 150 jetzt aber nur 130 Pferde. Wir zahlen bis
Bazarkö 9 Stunden für's Pferd 12 piaster. Die Stallungen sind grosse Schupfen
die eben so wie die Pferde geputzt werden. Sie fressen Stroh und Gerste, aber
wenig. Keine Sätteln haben sie auf denen Posten nicht, die muss man mitbringen.
Ihre Packsätteln hingegen halte ich für vortrefflich, denn wenn sie nur halbwegs
gut gepackt sind, drehen sie sich nicht um, und haben beinahe keine Gurten und
wenn sie auch welche haben, so sind sie nie angezogen. - Sie machen keine difficultäten
Sätteln aufzulegen, die eine türkische oder Arabische figur haben. Englische
Pritschen würden beschwerlich sein. Nebst denen Pointen die sie hinein setzen,
den Bau eines Sattels gut zu verstehen, sind alle ihre Pferde gedrückt. Die
Pferde sind überhaupt miserable, sie zeigen aber viele Espece. Die ganze Nacht
kam ein Courir und der andere gieng - Mit solchen Gelegenheiten werden die Köpfe
dem Grossherrn in Säcken übersendet, die er von einem oder dem andern Pacha
verlangt.
(31. Oktober
1818)
Den 31 wollte ich in aller Früh, gegen 3 Uhr abreisen. Das war aber nicht möglich
- und es war 7 Uhr vorbei, wenn alles fertig war und wir mit gutem Wetter glücklich
abmarchiren konnten. Wir sind 7ben personen gewesen, haben vier Packpferde und
2 chirugy's, im ganzen 13 Pferde. Ich musste ein Trink geld für die kleine Stecke,
von dem Ort des debarquements bis nach Hersek geben, und von Hersek bis Bazarkö
12 Piaster für Pferd. Ein exorbitanter Preis! - Die natürliche Folge, dass ich
keinen Befehl vom Grossherrn für Pferde habe, in welchem sowohl die Zahl der
Pferde als auch ihr Preis gewöhnlich angegeben ist. - Nachdem wir denn etwas
nach 7ben Uhr in keiner sehr hübschen Gegend 2 Stunden beiläufig nicht weit
von der Seeküste geritten sind, kamen wir um 9 zu einem unbedeutenden Chiflik
- beiläufig eine Stunde von, in der Karte Hammers angegebenen Jalova. Nach dem
Chiflik, der eine starke viertel Stunde von der See liegen mag - dreht sich
der Weg erst südlich, der bis dahin in eine Ebne zwischen Gesträucher und Bäumen
sich fortwindet. In einer Stunde (10) sieht man eine halbe Stunde weit rechts
von dem Weg auf einer Anhöhe das Dorf Schachscha - welches ärmlich sich presentirt
- in einer halben Stunde (10 1/2) liegt in einem nicht sehr tiefen Thal, welches
mehr einer Schlucht verglichen werden kann, das Dorf Jortán. Nach einer halben
Stunde (11 bis 11 1/2) kamen wir in dem Dorf Almagyük an, wo wir eine halbe
Stunde verweilten, um unsere Packpferde ein wenig in's Gleichgewicht zu bringen,
die uns nur ein einzigesmal gleich ber Hersek aufhielten, wo das eine ganz neu
überpackt, das andre aber nur mit einigen Steinen balancirt werden musste. -
Wein, von dem Jahr 1818 wurde auch angeschafft, der sich späterhin als ein excellenter
süsser Auspresser bewährte. Die Griechen, die einzigen Bewohner dieses Dorfes
brachten uns Weintrauben, und während wir ruhig unser frugales Mahl, von Trauben
und schlechtem Brot, ruhig und zufrieden zu uns nahmen, schüttelte mein Pferd
sich, und eine meiner Pistolen, die durchs Reiten vermutlich aufgespannt wurde,
gieng los, und verwundete aus einem wirklichen Ohngefähr keinen Menschen. Auf
unsrem Weg konnten wir Arezzio - das alte genuesische Schloss - und dem Berg
Gasi dag samt dem gewissen Grab Hanibals genau ausnehmen. In 2 ziemlich beschwerlichen
Stunden (1 1/2) kamen wir endlich in das Dorf Cingele. Der Weg gieng beinahe
immer aufwärts: er war von Regen sehr verdorben - was sehr leicht geschehen
kann, da er äuserst schmal ist, und der Boden ein dicker pappender Thon ist.
Zuweilen fanden wir auch einen äuserst schlechten, eine Elle breiten Pavé, auf
dem es ganz infam zu reiten ist. Von der Anhöche, auf welcher Cingele ist, und
die als der Hauptrücken der Berge zwischen Hersek und dem Bazarkö angesehen
werden kann, sieht man südöstlich den Niceischen See - der gegen Bazarkö morastige
Ufer hat, sonst aber überall ziemlich knapp von Bergen eingeschlossen ist. Das
Wetter war immer brauchbar: Nachmittag wurde es aber herrlich, und bei Bazarkö,
welches man in einer ziemlichen Entfernung sehen kann, endet die sanfte pente,
die von Cingele bis dahin ununterbrochen fortgehet. In siebenviertel Stunden
(3 1/4) sind wir mit Sack und Pack in Bazarkö eingezogen - Von dem Posthaus wurden
die Effecten abgepackt. Mich frappirte sehr, dass die Türken über die Ankunft
so vieler Europeer gar nicht erstaunt gewesen sind, da der Ort doch ganz aus
dem Wege liegt, und wohl alle 20 Jahre nur Frack und Hut in die Gegend kömt.
Von der indolence und insouciance macht man sich keinen Begriff. - Mehrere dieser
Herren sprachen dennoch ihr Hos geldin, ohne uns dann weiter anzusehen. Das
Posthaus ist ein gräulichs Gebäude - und es fängt, so zu sagen mit einer retirade
an, ober welcher wir uns auf der Stelle établirten um eine Zunge, ein Huhn und
etwas Chester zu uns zu nehmen. Das Wetter war herrlich und es entstand die
Frage, ob wir weiter ziehen oder daselbst schon verbleiben sollten. Ich war
für's weg gehen, meine Herrn für's da bleiben, denn diese berechnen nie die
Folgen, und ziehen immer die augenblickliche Bequemlichkeit vor. Es wurde pro
et contra debatirt, bis ich mich in dem Willen der 2 Herrn ergeben habe - Ein
Postillon der auf dem Weg ein wenig mehr getrunken hat, als er ertragen konnte,
ist krank geworden, und hat häufig die ganze Zeit hindurch gebrochen. Seine
blasse farbe pretirte noch mehr zu meinem Spass, den ich mir machen wollte,
und ich setzte denen zweien im Kopf, er habe die Pest. - Von der Stimmung des
gelehrten Vorsichtigen und dem Maler den Furchtsamen kann ich keine Beschreibung
machen. Sie waren aber beide ganz hin -. So sind die modernen Gelehrten; sie
wissen nichts was auserhalb ihren Büchern stehet. Die beide sind in einem Athem
disappointirt, weil sie sich über einen jeden Gegenstand eine andre Idee machen
- und zu was hilft dei Gelehrsamkeit, wenn man nicht im Voraus zum Theil schon
errathen kann, wie man das zukünftige finden wird. - Gott lob, dass ich auch
diese Erfahrung gemacht habe, in wie weit es unangenehm ist mit Gelehrten zu
reisen. - Ich schrieb in meinem Tage Buch - sie aber legten sich zur ängstigen
Ruhe - Früher bin ich, ganz allein, ein wenig ausgegangen, um mich dem See von
Nicea ein wenig zu nähern. In einer Querstrasse waren mehrere Buben beisammen,
wie die mich sahen, ergriffen sie Steine, und einer von Ihnen, ein hübscher
Knabe, drohte mich, als ob er mich werfen wollte. Ich aber klopte an mein Gewehr,
welches ich beinahe immer mit mir nehme, mit der folgenden pantomime "wirfst
du, schiesse ich" da stutzte er - und wagte nicht zu werfen. Ein alter
Emir, den ich nicht gesehen habe - der aber Zeuge dieser ganzen Scene gewesen
ist - hiess mich ruhig fortziehen, und gab dem Kinde einen Verweis. -
In dem ganzen Ort ist kein Khan - auser einem Stall für Kamele, die darinnen
auf und abgepackt werden; wir übernachteten im Chan des Posthauses - was ziemlich
langweilig ist, da man keinen Augenblick Ruhe hat.
(1. November
1818)
Den 1-ten November wollte ich in aller Früh von Bazarkö wieder abreisen: allein
mit dem aller Früh gehet's in der Türkey durchaus gar nicht, denn die Leute
machen die Reisenden auf ihre türkische manier reisen, und nicht wie es jene
wollen - Mit so vieler Bagage wie ich mit habe, und die in so vielen kleinen
Packeln eingetheilt ist, kann man auch vor Sonnen Aufgang nicht gut weg. Vor
7 Uhr hab' ich's wenigstens noch nicht zu wege gebracht. - Gleich ausser dem
Ort kömt man in einen Frithof, der nebst Pinien und Cypressen auch andre schöne
Bäume enthällt NB. sind wir um 7 1/4 weg. Eine halbe Stunde weiter liegt rechts
der Ort Cseltik, links sieht man den See von Nicea, dessen Ufer von dieser Seite
mit schönen Gesträuchen bewachsen ist - die so eine Verschiedenheit von Farben
unter sich haben und so wenig Wild aussehen, dass man die Gegend für sehr cultivirt
halten würde, wenn man's nicht von so gar nahe sehen könnte. - Es giebt viele
Steppen, die gute Erde haben und fruchtreiche Gegend bilden könnten - schade
dass sie so liegen bleiben, indessen würde die Arbeit viel Beschwerlichkeiten
verursachen, ehe man aus selben ein erträgliches Land machen könnte - Die Gegend
aber von Bazarkö bis Gemlik brauchte nichts um den schönsten und fruchtbarsten
Garten, den man sich nur immer einbilden kann, denen darzubiethen die es nicht
mit Gewalt von sich stossen wollen. Sonderbar genug, dass es die Leute nicht
haben wollen! - Die Bäume sind in der Regel alle Edel - die Obstgattungen auch
- und von dem unzähligen Unkraut, welches in unserm armen Land wuchernd fortwächst
und die gute Frucht untedrückt - sieht man doch auch keine Spur. Ich war erstaunt
Gersten, zum zweitenmale angebaut, zeitig zu sehen. 1 ¾ Stunde weiter kann man
von der Anhöche, die man ziemlich beschwerlich ersteigen muss, den Golf von
Modania sehen. 2 1/4 Stunde über ein kleines unbedeutendes Wasser: welches durch
einen schönen Garten durchschlängelt (Balok Hüssü). - Brunnen, von reinsten
Wasser, die von Anhöchen herunter geläutet werden, fanden wir viele in unserm
Weg - Sie fielen nicht sehr auf, denn die W)rme war nicht unangenehm - und wir
machten keinen gorssen Gebrauch von Wasser - im Sommer aber, was muss das für
eine Labung denen Reisenden sein die in denen schönen Auen, in der Kühle ausruhen
können!
In 3 1/4 Stunden in Gemlik, welcher Ort an dem Ende des Golf's von Modania liegt,
bevor wir hingekommen sind - zeigte man uns eine Grotte, die aber weiter nichts
ist, als eine Höhle, die der aus Feldspat componirte Berg ganz an seinem Fuss
formirt. Ich sah natürlich gekommenen, guten schwarzen Hopfen, der in ganz Ungarn
nicht zu finden ist. Maulbeerbäume sind abgestutzt und so wie die Reben gezogen,
es muss wahrscheinlicher Weise zur Seiden Cultur bestimmt sein - mit welcher
sich die Griechen viel abgeben. Ganz nahe von der Strasse sah ich eine lange
Säule im Weingarten liegen - Es war nicht alt, und nicht schön. - Der Gedanke
kam mir aber dennoch, wie ich es da ganz verlohren sah, dass in andern Thälern
und auf andern Wegen viele Ruinen sein können, die wir noch nicht wissen, denn
wer wird vermuthen und glauben können, dass die alten die selben Wege gehabt
haben, wie sie anjetzt sind, und die man nach denen Jahres Zeiten und nach Umständen
so oft wechseln kann, als man nur immer will. - Herr von Hammer, der eine pointe
in die Genauigkeit und das detail setzt, zog seinen Weg von Caramursal nach
Brussa durch eine Menge Dörfer - und wir fanden - auser 2, auf dem Weg kein
einziges - Es muss also der Weg nun anders gehn, denn wer könnte dem Herrn von
Hammer wohl zumuthen, dass er seinen Weg ad libitum über Dörfer gezogen hat,
die man gar nicht sieht und von denen Chirugis gar nicht erfragen kann? - In
Gemlik ist ein Chan und ein Arsenal - das letztere liegt gegenüber von Gemlik
- so dass diese beiden Plätze den Golf von Modania an dem Ende ganz ausfüllen
würden, wenn sie in der Mitte nicht durch einen traurigen Bach getheilt wären,
über den eine hölzerne Brücke gehaut ist, aber nicht führt, und von dessen Ufern
ein und der andere Ort gegen 600 Schritte entfernt ist. - Gleich nach dem Hügel,
den man ausserbalb des Arsenals ersteigen muss - sieht man Keshih-Tah, - den
Mönchs Berg, den Olymp - 4 Stunden von Bazarkö. - Dieser Berg zieht sich in
dei Breite - ist voll Schnee, ist allerdings schön - aber ich halte ihm nicht
einmal für so hoch, als der Schneeberg in Östreich ist. So kömt mirs vor. -
So lang ich aber herum reise, hab' ich kein land noch gefunden, welches ich
so gerne bewohnen möchte, als die Gegend zwischen Bazarkö und Gemlik, NB. wenn
es so wie England cultivirt wäre. Der Himmel von Neapel - in einer hübschen
Unordnung - ohne Alleen und verstümmelten Bäumen! Fruchtreich - und dennoch
voll mit Felsen, klaren Quellen! Von der Anhöhe von welcher ich gesprochen,
kann man den ganzen Golf Modania samt dem Orte Modania, der an dem Abhang eines
Berges liegt, ganz genau sehen. In Gemlik werden Schiffe verfertiget und man
bekömt gute Caique um in dem Golf herumzufahren. Überhaupt fährt man in allen
Seen der Welt mit Schiffen herum, und an denen meisten Örtern mit Segeln, nur
in meinem albernen Vaterland ist man nicht so weit gekommen! Sind die Seen nicht
tief genug? oder haben die Leute keinen Wind? - 4 1/2 vom Hause sind wir ganz
nahe stehen geblieben, links in einem kleinen Thal ist das unbedeutende Dorf
Engüre - der Olymp hingegen ragt über die andern Berge vor, die nicht gestatten,
ihn von dem Fuss an zu messen. In der freundlichen Gegend verweilten wir gegen
¾ Stunden, und frühstückten ein Huhn - uns tranken einen herrlichen Most. In
6 ¾ Stunden sind wir den eigentlichen Berg Rücken erstiegen, der Gemlik von
Brussa getrennt hält - von da aus kann man den Olymp in seiner ganzen Höche
sehen. Ich glaube nicht dass er 1900 Toisen haben kann, so wie es Andreossi
behauptet. Bald sieht man darauf den Ort Fahas Adé rechts von der Strasse liegen
und reitet eine Weile längst denen Ufen des Torrenten Eili dür. 8 1/2 Stunde,
ist von der Strasse rechts das Dorf Demür dasch, und links das Dorf Kal hassan.
Alle beide unbedeutend. 9 Stunden durch den Ort Tabagyik, welches mich nicht
seiner Schönheit wegen, als des infamen Pflaster halber, auf welchem unsere
ganz matten Pferde kaum mehr gehen konnten, in eine unangenehme Stimmung setzte.
Solche Örter sollten in denen Karten gar nicht angemerkt werden, wenn sie Armeen
oder Reisenden nicht als ein Hinderniss angezeigt werden müssten - denn vor
allen Dingen sind sie zerstörbarer als Heu Tristen, können von einem Tag zum
andern zu sein aufhören und der besten Karte eine Art dementie geben - und nebstbei
können sie keinem Vogel oder selbst keinem Wolf als Obdach oder als irgend ein
Comfort dienen. 9 ¾ Stunden passirt man eine Brücke von Stein, unter welcher
ein Bergstrom fliesst, der, wenn er Wasser hat, was der Fall eben nicht war,
ein böser Courrent sein mag. Bald darauf kömt man zu einem Chiflick - das einzige
Kentzeichen, dass bald eine Hauptstadt der Paschaschaft von Brussa, das heisst
Brussa selbst erscheinen muss - was zwar nich nothwendig ist, da die dicht neben
einander eingepfählten Minares - schon von weiten, durch den Rauch der Brussaer
Tabackgesellschaft heraus leuchten. - Wie ganz anders rührt sich alles in der
Nähe von Wien, London, Paris ect. Eine frische kühle Au geengt an denen Vorstädten
Brussa's, durch welche Hammer's durstige Wanderer von Isnitmik (Nicomedien),
und Isnik (Nicea) - in das Heiligthum der innern Stadt, anlangen. - Diese Au
ist angenehm feucht - die schönen lieben Bäume, die da in ihrer wahren Temperatur,
derb gewachsen und lange lange frisch bleiben - könnten jemanden wohl verführen,
sich lang in ihrer Gesellschaft aufzuhalten - Ich kenne nichts angenehmeres,
aber auch nicht efficaceres für ein schlimmes Fieber. - 10 1/2 Stunden sind
wir endlich das heisst um 5 ¾ in Brussa und bald darauf in dem Eski Jeni Chan
angekommen - Die armen Pferde, die während der ganzen Course nichts, weder Futter
noch Wasser zu sich nahmen, erinnerten uns an den Hirsch, der bald Halali macht.
Überhaupt geht man mit denen Pferden barbarisch um. Ich glaube nicht - dass
man sie putzt: beschlagen werden sie mit neuen Eisen - Sind alle gedrückt -
Während dem Marsch bekommen sie nie Wasser, wiewohl die armen Thiere sich gewaltig
darnach sehnen, und man nur mit Mühe sie über ein zu passirenden Wasser hinüber
bringen kann. - Auf dem Weg von Bazarkö bis Brussa, den wir (die ¾ Stunden abgerechnet
die wir im Frühstücken zubrachten) in 9 ¾ Stunden zurücklegten, begegneten wir
einmal 28 Kamele - die ganz sonderbar aussehen, wenn man sie in der Zahl und
der Taille begegnet. - Etwas später sahen wir einen pensionirten Pacha, der
sich amusirte mit Falken Rebhühner zu fangen - Er liess sich zu Pferd - das
Wild von denen Bergen treiben und harrte im Thal mit dem zahlreichen Gefolg
und denen Falken. So lang wir vorbei passirten, war der Pacha in seinem Fang
nicht glücklich - Lachen musste ich aber über die Treiber, die auf denen Felsen,
wie Gemsen und schwerbewaffnet mit ungeheueren Pfeifen Röhren, und magern Dorfhunden,
die kaum das Leben haben, die Rebhühner finden wollten. Bei so einer Jagd werden
alle Wege durch Reiter besetzt - und man glaubt nach denen Anstallten, dass
sie einen Wolf oder einen Bären jagen, und ist erstaunt zu hören, dass sie auf
Rebhühner ausgehen. - Überhaupt ist's mit denen Waffen so weit gekommen, dass
ein Türk nicht angezogen ist, wenn er nicht ein paar Pistolen einen Dolch und
einen Hanchar im Gürtel stecken hat. Der Chan, in dem wir eingekehrt sind, ist
ein grosses viereckiges Gebäu, mit einer frischen Cisterne in der Mitte. Es
ist kein Wirth, und kein Kellner im Haus. Zwar gibt es viele Löcher (Zimmer),
aber kein Mensch kann sie aufmachen. Unsere Bagage liegt im Hof. Wir warten
geduldig - 8 Uhr wird von denen Moesin's mit hocher Stimme angedeutet. Das Thor
klirrt und der Khan, so wie alle Vierteln der Stadt, die Thore haben, werden
veschlossen. Kein Mensch vom Khan kann mehr ankommen, wenn auch einer wollte
und kein Mensch kann mehr heraus. Diese schöne Anstalt wird auch in Cairo gehandhabt
- Wir haben sehr wenig gegessen, und haben Hunger. So ist unsere Laage. Da wir
aber in allen Glück hatten, verzweifelten wir auch heute nicht - und das Vertrauen
in unserm Genius bertog uns nicht, denn wir fanden im Khan einen mit uns eingeschlossenen
Armenischen Kaufmann aus Aleppo, der uns ein Magasin aufmachen liess wo wir
übernachteten - und dessen Koch uns ein Pilaf auf seines Herrn Befehl bereitete
- welches uns ganz excellent schmeckte. Es war keine Zeit und keine Möglichkeit
mehr mein Empfehlungs Schreiben an denen Herrn Arles und dem Herrn Doctor Julius
Cesar Kelly zu übergeben.
(2. November
1818)
2-ten Heute in der Früh wollte ich auf den Olymp, um den schönen Tag nicht zu
versäumen, der einem wunderschönen reinen September Tag vor unsern Läandern
verglichen werden kann. Ich bin in aller Früh aufgestanden - hab aber den Doctor
doch nicht mehr zu Hause getroffen. Er war bereits in dem Palast des Ahmed Pacha
- von 3 Ross Schweifen - ich eilte dahin, man wollte mich nicht herein lassen
- ich gieng aber dennoch im Hof - gab mein Empfehlungs Schreiben des Vezirs
in das Zimmer - und wurde dann mit Kafe und Pfeifen genöthiget, die ich im Anfang
mit vieler Jactance ausgeschlagen, aber endlich dennoch angenommen habe. - Überhaupt
spiele ich aus Spass den stolzen Trotzigen, da alle die Franken das Gegentheil
thun: die Türken wundern sich darüber - ich glaube aber, dass es nich schlecht
ist - Wir werden in der Zukunft sehen. - Der (...) wenigstens hat mich um Vergebung
gebethen, dass er mich nicht gleich nach meinem Stand empfangen hat - der Doctor
wollte mich in sein Haus nehmen, nachdem er aber vor meiner zahlreichen Gesellschaft
hörte - proponirte er mir ein leeres Haus, welches ohne Meubles zu dem gewöhnlichen
Aufenthalt der Fanken bestimmt ist - Was konnte mir lieber sein, als ein leeres
Haus? Ist denn erwas ärgeres als eine türksche Foule? Eine Menge von stolzen
Bettlern. - Kaum hatte ich mich in dem neuen kalten unmoeublirten Haus gefunden,
als ein Grieche aus der Dienerschaft des Pachas um mich geschickt wurde, der
mir ein Zeichen gab, ihm folgen zu wollen. Ich war gleich bereitet und überliess
mich ganz der Führung des Gesagten, mit dem ich gar kein Wort sprechen konnte.
Gabriel war nicht zu Hause - und so musste ich mich der Leitung schon auf geradewohl
vertraun, umsomehr als ich Grund hatte zu glauben, dass mich der Pacha empfangen
will, und dass mich der Doctor erwarten wied um meinen Dragoman vorzustellen.
- Ich wurde zum Pacha geführt - der Doctor war nicht dort, und ich unterhielt
mich eine Stunde in dem Hof des Pacha's - keiner von denen Türken würdigte mich
eines Blickes -. Ich hätte einen dieser insolenten Kerle umbringen können -
und machte die gräulichsten Augen - da ich nicht einmal mit der Zunge meine
Verachtung ihnen zu erkennen geben konnte. - Endlich erschien der Arzt - und
ich wurde mit vieler Ceremonie dem alten, kränklichen Pacha vorgestellt - der
mich mit allen Türkschen Artigkeiten überhäufte. Nachdem diess geschehen war
- empfahl ich mich bei dem Gran Personnagio - und wurde von allen seinen Leuten
gleich bei der Thür angepackt - und ich musste mich um 34 Rubies loskaufen -
dann aber gieng ich zu Hause. - Welcher Contrast! -
(3. November
1818)
3. November. Heute war ich auf den Olymp - hab den grössten Theil zu Fuss gemacht
und bin ganz auf dem Hund. Morgen ein mehreres. -
(4. November
1818)
4-ten Andreossi giebt die Höhe des Olymps auf 1900 Toisen. Ein andrer Engländer,
der vor einigen Jahren hier gewesen ist - auf 1800. Herr von Hammer, der so
eine ausführliche Beschreibung dieses Berges macht, dass man beinahe nichts
mehr hinfügen hat, sagt von seiner Höche gar nichts - Ich gestehe, dass ich
nicht recht glauben kann, dass er beinahe zweimal so hoch sein soll, als der
Schnee Berg - wiewohl meine Beine und meine Lunge die sonst etwas aushalten
können - davor stimmen dass er äuserst hoch ist. - Wir sind um 6 Uhr 30 Minuten
vom Hause weg - und sind, gleich nachdem wir über eine Vorstadt Brussa's hinüber
geglitscht sind, Bergauf geritten -. Ich habe mit Pferden eine grosse Erfahrung,
und weiss àpeuprès was ein Pferd zu leisten im Stande ist - bin aber in meinem
Leben nicht über solche Wege geritten, die zu dem Olymp führen, und bei uns
würde man jemanden auslachen dem es einfiel, oder der das project machen könnte,
solche Anhöchen, über die man schlechterdings passiren muss, mit Pferden ersteigen
zu wollen. Der Weg ist durch gehends für einem Esel dificile und ich wunderte
mich ungemein über unsere Pferde - deren nicht eins seinen sichern Dienst einen
Augenblick nur refusirte. - Nachdem wir 2 Stunden immer steil Berg auf, zwischen
schönen Kastanien Bäumen fortgeritten sind, kamen wir auf eine Platforme, die
Herr von Hammer weitläufig beschreibt - an der aber weiter gar nichts anders
ist, als dass sich im Sommer viele Turkomanen in Flecht Häusern und ganze türksche
Famillen in Zelten da laagern - die einem um ihre Schafe und Geise zu hüthen,
die andern um die frische Gebürg's Luft einzuthamen. Schön ist dieser Aufenthalt
übrigens gar nicht, da man keine Aussicht hat, indem es ein Art Kessel ist,
und weil auch die Bäume die es umgeben von keiner sonderlichen Grösse sind.
- Etwas mehr als eine Stunde weiter, kamen wir auf einen steilen Abhang - der
mit Schnee und Eis dermassen bedeckt war, dass wir durchaus absitzen, unsere
Pferde führen, und 8 la lettre auf allen vieren heraufklettern mussten. - Einige
Stellen waren mit Pferden zu passiren ein Meisterstück in seinem Genre - ! -
Eine Stunde später kamen wir auf eine grosse zum Theil mit Schnee bedeckte Ebene,
die ziemlich weit ausgedehnt den eigentlichen Olymp (Keschisch dagh) wie eine
Haube im Hinter Grund hat. - Da sind wir stehen geblieben, da Ender einen schicklichen
Platz fand - eine Zeichnung zu machen. - Ich hatte schon lang im Sinn, diesen
Berg zu ersteigen - und hatte die Unvorsichtigkeit - nicht bis dahin, wo es
möglich ist, geritten zu sein, sondern gleich von dem Anfang der Ebne meine
Course zu Fuss angefangen zu haben, denn ich war durch die unaufhörlichen Anhöchen,
die sich nach und nach erst zeigten - und über welche ich mit meiner Gemse wohl
reiten hätte können, und die ich nun ungeduldig zu Fuss ersteigen musste, so
müde geworden, dass ich mit aller Anstrengung nur - den letzten Gipfel zu ersteigen
im Stande gewesen bin -. Der Führer, den ich und Landschulz hatten, war ein
fauler Kerl - und keiner von uns beiden konnte mit ihm sprechen - dieser fand
gar nicht nothwendig diesen Spaziergang mit uns zu machen, sondern setzte sich
ruhig nieder und überliess uns der Berg zur disposition. - Der einmal auf einem
Berg dieser Art gewesen ist, kann denken, in welche infame Positionen wir uns
mehrmal gesetzt haben, ohne den Weg zu kennen -. Überdiess war ich ungeduldig
und gieng und stieg aus Leibes Kräften - Auch fand ich mich bald athemlos ganz
allein in einer kalten rauhen Gegend! - Rastete nicht eine Minute aus um mich
nich zu erkälten, da ich mir sehr warm gemacht, und ganz Sommermässig gekleidet
war. - Bevor ich ganz auf die äuserste Spitze gekommen bin, fand ich wieder
eine Art Ebne, auf welcher es recht gut und heiss war - Ganz oben hingegen wurde
ich von Wind durchgeblasen. Mein Thermometer war auf 7 Grad ober dem Gefrier-Punct
- an einem Tag der unten in der Ebne Brussa's mit einem warmen September Tag
zu vergleichen ist, wenn der Thermometer 17 Grad ober dem Gefrier Punct ist.
- Die Aussicht von ganz Oben, wo ich noch einige Ruinen eines Klosters gefunden
habe, welches vor einigen Jahren verlassen wurde - ist so, wie von allen hochen
Bergen - das Meer und das Land fliesst mit der Luft und denen Wolken in eins
zusammen. - Dem ohngeachtet habe ich Constantinopel, den Golf von Nicomedien
und Modania, den See von Nicea und Apolonius - die Insel Marmara und Prinzen
Inseln, das Meer von Marmara, den Berg Ida und den Gargarus - ganz deutlich
sehen können. - Lang wollte und konnte ich mich nicht aufhalten - da es oben
kalt und mir sehr warm gewesen ist - Ich brauchte 2 Stunden und 40 Minuten um
von dem Ort, zu welchem wir etwas mehr als 4 Stunden brauchten, bis an die höchste
Spitze herauf zu gehen - Im hinunter gehen, nachdem ich meine durch einen Schuhmacher
in Nicomedien verbesserten Stiefeln ganz durchgegangen habe - begegnete ich
nicht weit von der höchsten Höche dem Landschulz - der auch erschöpft war und
dem bei der Operation der Hosenträger, und die Binde der Unter Hose zerissen
sind - Im Hinuntergehen spielten die Hände eine Haupt Rolle, - und ohne denen
wäre es schwer ja selbst unmöglich gewesen, einige steile Wände herunter zu
steigen, - die mir wie Mauern vorgekommen sind. Wir hörten Gemse pfeifen, man
sagt, dass gegen Osten dieser Anhöche deren viele geben soll. Ich glaub's, denn
die türkschen Gemsen Jäger mit ihren inefficacen Büchsen, und einer langen Pfeife
mit dem Bernsteinernen Mundstück ohne der einmal gar nichts vorgenommen wird
- werden diese Thiere nicht leicht ausschiessen. - Wir sahen ganz frische Fährte
von Gemsen und Wölfen. Viele Adler und kleine schwarze Vögel, die dicht bei
mir in der Luft sich balancierten. - Bis zu Ender's Hauptquartier, der ganz
erstarrt bei einem grossen Feuer auf uns wartete, brauchten wir laufend 2 gute
Stunden. - Bis hinab etwas mehr als 2 Stunden. - Man rechnete im allgemeinen
8 gute Stunden für nothwendig um den Olymp zu ersteigen. - Die es bequem machen
wollen, und in der warmen saison ihn besuchen, bringen die Nacht bei denen Turkomanen
zu, die sich auf der zweiten Platte campiren - Schlafen bei einem grossen Feuer
- trinken resches Gebürgs Wasser und essen frische Forellen. Übrigens hat der
Olymp vielleicht etwas vor vielen andern hochen Bergen - dass er nämlich sich
nicht nach und nach erhöht, sondern auf einer fruchtbaren Blumenreichen Ebne
stehet - und so zu sagen eine einzelne hoche Piramide bildet. - Mich hat diese
Course so angegriffen, dass ich nicht essen, und nicht schlafen konnte. - Ich
bin durch mehrere Stunden taub gewesen, - bis meine Ohren, nach einem Schnalzer,
den ich deutlich vernommen habe, ihre Functionen nach und nach wieder angefangen
haben. - Vorgestern brachte der Julius Cesar Kelly den Abend bei mir zu, und
machte mir und den meinigen eine beispiellose Langeweile, da der Patron immer
von seiner Expérience mit der Pest - uns unterhielt - über welchen Gegenstand
er auch mehreres geschrieben hat, - was aber Gottlob nicht gedruck ist - Gestern
wollte ich zu ihm gehen, war aber ausser Stand und liess mich entschuldigen.
-
Heute war ich in dem neuen türkschen Bade - und wollte einmal versuchen, so
ganz 8 la Turque abgeschwemmt zu werden, nahm daher den Gabriel, meinen dragoman
nicht mit, sondern aventurirte mich ganz allein in dem Vorsaal dieses Badhauses.
- Nachdem die türkschen Badewascheln merkten, dass ich baden wollte, zogen sie
mich en presence von vielen Muselmännern ganz aus - und banden ein Tuch - der
Sittlichkeit wegen um eine gewisse Partie - gaben mir zwei gespitzte hölzerne
Schuhe, auf denen ich wie ein Betrunkner balancirte - und führten mich 8 deux
unter dem Arm - in einen andern Vorsaal - in dem ich gegen 20 nackte Messieurs
gefunden hab, die den Franken an seinen Haaren gleich erkannten. - In dem Saal
war's mir wohl und behaglich. - Die Bade Garcons sind auch für den äusern Dienst
nackt und haben lange Bärte, und sind wegen dem ewigen Schwitzen mager wie Heringe.
- Solche 2 Meisseurs, die sich ausschlüsslich mit meiner Person beschäftigten,
brachten mich bald darauf in einen andern 8 Eckigen Saal, in dessen Mitte ein
grosser runder 5 Schuhe tiefer mit sehr warmem Wasser und vielen Türken angefüllter
bassin ist - Die 8 Seiten dienen als eben so viele Cabinets da es Nichen vorstellen
- In jeder derselben ist ein kleiner bassin mit Ruhebett - Ich nahm mir vor,
mit mir alles machen zu lassen, was sie nur immer wollen - und überliess mich
ganz der freyen disposition der 2 gelben Kerl. - Kaum merkten sie das, dass
sie anfingen mich zu bearbeiten - zu knöten - zu tretten - der eine verrenkte
alle meine Glieder, der andre seifte meine Augen, Nase und Ohren ein, der andre
rasirte alle meine Haare, auser einige, um die ich mich annahm - Ein kleiner
Bube zwickte mich recht angenehm - und berührte alles mit seinen kleine Fingern
- So ging das immer fort - bis mir der Athem ausging - dann überschütteten sie
mich mit einem 44 Grad heissen Wasser - so dass ich beinahe die Besinnung verlohr
- Setzten mich endlich - in ein beinahe siedendes Wasser - bis mir die Sinne
schwach wurden und ich beinahe anfing zu schreyen - In 20 Minuten war die Operation
zu Ende. Eine der schmerzhaftesten die es geben kann. - Ich ging heraus - Es
war alles wie Eis - im Vergleich. - Und in ein Bett legte man mich endlich -
wo ich nach und nach wieder zu mir gekommen bin. Im Bade ging mein Puls auf
100 in einer Minute. - Nun sitze ich hier bei einem Licht - bin so matt von
der heutigen Kur, dass ich - im Schlaf suchen werde, auf einige Stunden mich
zu meinen guten Eltern zu begeben.
(5. November
1818)
5-ten Noch fühle ich die gestrige türksche Kur, und ich bin überzeugt, dass
ich einige Tage brauchen werde um meine vorigen Kräfte wieder zu erlangen. -
Die Bade Gäste, die mit Vortheil die Bäder in Brussa brauchen wollen, - halten
einige Tage früher ein gewisses Regime - und bleiben in temperirten Bade-Wannen,
deren man in mehreren Privat Häusen für eine Saison wohl finden kann, im Anfang
nur eine viertel Stunde - mit der Gewohnheit aber bis eine ganze Stunde. - In
dem Neuen Bad, Jeni Kaplitsa, ist die Wärme des ersten Saales - in welchem man
bei dem Hinausgehen etwas verweilt, um von einem zu schnellen Wechsel der Temperatur
keinen Schaden befürchten zu müssen - gegen 20 Grad - in dem eigentlichen Saal
aber, in dessen Mitte ein grosser bassin ist, gehet die Hitz bis 26, die des
Wassers auf 30 Grad. - In denen Neben Kabineten, deren es zwei giebt, erreicht
die Wärme des Wassers - 35 Grad. - Bei der Quelle - ging mein Thermometer bis
auf 68 Grad. - Sonst hab' ich gar kein Bad gesehen, denn sie sind alle in demselben
Genre. Von Elegance und Geschmack hab' ich übrigens gar nichts bemerkt und man
muss durchaus so ein deteminirter Morgenländer sein, als Herr von Hammer ist,
um einige Bögen - darüber schreiben zu können. - So sehr ich die Bade Anstallten
umbequem und ecklich finde, da man in einem immerwährenden Contact mit so vielen
widrigen Leuten kömmt, so sehr lobe ich die Laage der Bäder, - und unstreitig
kann die Gegend von Brussa für eine der anmuthigsten gehalten werden, die man
von Bade Örtern hat. Das Wasser enthält Schwefel und Eisen und wird für sehr
heilsam gehalten. Das ist wahrscheinlich - Monsieur Kelly, der 2 kleine brochure
geschrieben hat, eine von der Pest, die andre von denen Seiden procreation in
Brussa, kann keine richtigen und genauen Aufschlüsse über die Bestandtheile,
und in welcher Proportion sie in dem Wasser - existiren - uns geben, da er nach
28 Jähhrigen Aufenthalt in Brussa nicht einmal die Wärme des Wassers bei der
Quelle wusste, die er mit aller Sicherheit auf 44 Grad angegeben, und uns in
keine kleine Verwunderung setzte, wie unser Thermometer 68 Grad anzeigte. Dieser
Natur Forscher und Leib Arzt des Pacha glaubte bis zu seinen 52 Jahr, dass man
kein Feuer machen kann, wenn der Thermometer auf dem Gefrier Puncht stehet!
Wir haben ihm darüber einen Aufschluss geben müssen. - Dieser gute doctor, an
dem ich empfohlen gewesen bin - brachte mehrere Stunden mit uns zu, und war
so eifrig, uns nützlich und gefällig zu sein, als es ein Frank nur immer sein
kann, der einmal die Dragomans Uniform anhat - 28 Jahre in der Türkey gelebt
hat - und das langsame türksche Genre annahm. - Dieser gute Mann kurirt übrigens
alles - und ist sogar der Arzt der Frauen, die er sogar in dem Harem besuchen
darf. Angenehm war's uns - einige kleine Geschichten von Harem uns von ihm erzählen
zu lassen - et quand nous parlions du costume des femmes turques, die er turquesque
nennt, il prétendoit qu'elles avoient des culottes exterieusement et interieusement.
Er: Une fois, j'ai vu un jeune homme se noyer, et quand on l'a rétiré de l'eau,
il avoit été tout bleu - e, examinons ce qu'il il y a à faire - et j'ai lui
fait appliquer 300 coup de bâtons sur la semelle - et il commenca à vomir -
Ich: eh bien il est mort de la bastonade? Er: Non pas, je l'ai sauvé! In diesem
Genre erzählte er uns den ganzen Abend. So sind die Ärzte in der Türkey, und
wenn ich so einen Kerl sehe, so fällt mir immer die Geschichte des gewissen
Mylord ein, der einen Bedienten aus Italien mit sich nach Constantinopel brachte
- der gleich nach seiner Ankunft in dieser Residenz seinen Dienst aufkündigte,
um hinführe ein doctor Medicine zu werden! -
Brussa kann mir einstens türksche Seiden Waaren, nach Pick gerechnet, die etwas
weniger als eine Elle, und deren 10 ein Stück ausmachen - liefern, und grosse
blöcke von Meerschaum, der in Eski Sher, 10 Stunden von Brussa, mit Erlaubniss
des Pacha gegraben wird, welchen der Herr Julius Cesar mir verschaffen kann.
Ich fixirte meine Abreise auf den 6-ten in der Früh - Ich war nicht entschieden
ob ich Postpferde nehmen, oder mit einem Menschen von Brussa accordiren soll
- mich mit seinen Privat Pferden bis nach Smyrna zu senden. Es giebt so viele
Gründe, das eine oder das andere zu erwählen, dass ich mich lang nicht entscheiden
konnte, endlich zog ich vor mit Privat Pferden zu reisen, und bin dadurch gezwungen
morgen noch hier zu bleiben, damit die Pferde beschlagen und zusammengerichtet
werden.
(6. November
1818)
6-ten. Heute sah ich mehrere Mosquéen - die grösste ist die Ulu gyami, und die
einzige, die ich anmerken will - weil sie wirklich, auch für die Abend Länder
schön ist. - So wie in England die Machinen leicht und ohne Anstand zu sehen
sind, die auf dem Land existiren, und in London versteckt werden, so ist in
der Türkey - alles aus Constantinopel heraus mit leichter Mühe anzusehen und
die Franken können in alle Mosquéen von Brussa ungehindert gehen. - Diese letzte
Mosquée ist länglich viereckig - mit Teppichen bedeckt, und mit einer sehr eleganten
offenen Kuppel - mit einem bassin in der Mitte - welche da existirt, weil der
Platz einstens einer Frau gehörte, die ihn nicht verkaufen wollte, wie man die
Mosquée zu bauen anfing, und der ihr mit Gewalt später genommen wurde - Die
Gelehrten behaupteten, dass ein mit Gewalt erzwungener Platz für kein Gotteshaus
auswendbar sei, und - liessen die Kuppel offen und bestimmten den Ort für einen
Wasserbehälter - welcher nun denen Türken datzu dient, dass sie vor dem Gebeth
ihre Hände und Füsse abwaschen mögen. -
Unter andern sah ich das Grab des Sultan Orchan - das seiner Frau, das Nil Ufer
aber nicht -. Herr von Hammer schreibt in seinem Werk über Brussa so ausfrühlich,
und auch eben so genau, als es dieser Asiatische Gegenstand verdient, dass ich
nichts mehr - über Brussa hier sagen will. - Die Seiden Würmer spielen eine
grosse Rolle in dieser Stadt - und nach dem Calcul des Herrn Kelly - gewinnen
die Einwohner der Stadt insgesammt gegen 4,000,000 Piaster des Jahres - das
Geschäft der Aufsicht erfordert 60 Tage - den 7-ten April fängt man an - et
les femmes prennent des coquons d'aprés leurs possibilités dans leurs seins
qu'elles conservent jour et nuit pendant 9 jours. -
In dem Haus, in welchem wir wohnen, sind keine Flöhe und keine Wanzen, sonst
aber auch gar keine moeubles, in denen sie sich aufhalten könnten. Da hat wieder
M. Bailly recht, dass man in klein Asien und Griechenland nichts findet, als
das, was man mit sich gebracht hat. -
(7. November1818)
7-ten. Heute bin ich um 11 Uhr türkisch - 5 Uhr aufgestanden, um bei Sonnen-aufgang
mich in Bewegung zu setzen; indessen waren unsere Pferde nicht da und wir konnten
uns erst um 8 Uhr in Bewegung setzen. Die 13 Pferde, die ich brauche, gehören
nicht dem nämlichen Menschen - und er brauchte so viel Zeit, bis er sie alle
zusammen finden konnte. - Mein Pferd, ein kleiner licht Fuchs mit kurzen Füssen
- wurde gestern um 480 piaster erkauft, und ist vielleicht der beste im Transport.
Um 9,40 - sind wir über die steinerne Brücke des Nilufers "der seine Ufer
nicht verlassen will. Um 11-45 sah ich links das Dorf Hassana, und um 1-20 eilten
wir durch ein anders unbedeutendes Dorf, welches die Leute auch Hassana getauft
haben, welches aber wahrscheinlich anders heisst: - bald darauf kamen wir auf
eine kleine Anhöche, von welcher man Acsélar und den See Appollonius sehen kann,
und hinter welchem das Dorf liegt, welches wir um 2 Uhr erreichten - und welches
eine kleine halbe Stunde von dem benanten See entlegen sein kann. - Die Gegend,
die wir 6 Stunden in langsamen Schritt durchzogen - und nebstbei mehrmal wegen
unser Bagage angehalten wurden - ist schön, aber nich fruchtbar - Das Wetter
war herrlich: mein Thermometer ging bis auf 17 Grad. - Der See ist Fischreich
- und Enten Reich, hat keine hübschen Ufer. - Den Olymp sieht man gut - Von
hier nimmt er sich noch ungeschickter aus, wie von allen übrigen Seiten. - Wir
wohnen in einem Stall - und 2 Türken, wovon der eine ein patriarki, der andre
ein pensionirter Kurir des Grossherrn - striegeln ihre Pferde, mit Striegeln,
die so wie unsere Riebeisen gemacht sind. Wenn ein Kurir des Grossherrn auf
der Strasse ist, schreit sein Chirugy - lang aushalten, bis er Athem hat. -
Die Türken führen ihre Pferde sehr lang herum, wenn sie auch nur im Schritt
angekommen sind - und lassen sie gewöhnlich 3 Stunden gesattelt. - Morgen will
ich bis Mohatits.
(8. November
1818)
Den 8-ten sind wir um 7ben Uhr in der Früh, in einem feuchten unangenehmen Nebel
von Acselar weg: der Weg gehet an dem nördlichen Ufer des Sees von Appollonia
- auf türkisch Abilout - diesen letzten Ort haben wir wegen den grossen Nebel
nicht sehen können. 12-20 kamen wir zu Essis Chan, welcher auf türkisch der
verlassene Chan heisst. - Dieses Gebäu liegt ganz nahe am See - und ist der
solideste Chan den ich bis jetzt gesehen habe. Nun stehet er ganz verlassen
- und unter Selim's Regierung war er ein Wohnort der Räuber, die jetzt ausgerottet
zu sein scheinen. 1-12 ritten wir durch Ulibad und das Thor eines alten Forts
- welches seine Entstehung wahrscheinlich denen Türken zu verdanken hat, keine
besondere Attention verdient. Der Rhyndacus fliesst neben diesem unbedeutenden
Ort. Dieser Fluss - der etwa die grösse der Leita haben mag, ist der grösste
der sich in dem Mare die Marmora ergiesst, er wird vielmal mit dem Granicus
verwechselt, über welchen Alexander den Übergang forcirte. - Bevor er sich ergiesst,
nehmt er den Nilufer auf. - Die Reisenden, die von Constantinopel nach Smyrna
wollen - schiffen sich in Constantinopel in die sogenanannten Prinzen Inseln
Schiffe ein, 8 quarte paires de rames, und fahren längst der Küste an dem Vorgebirg
Bosburun vorbei - und schiffen in Modania aus, oder fahren auf dem Rhyndacus
- den unser Türk Abilout Göl nennt, bis zur Scala von Mihalits - welcher Ort
auf manchen Karten unter den Namen Mikalitza angemerkt ist, von keinem Menschen
aber verstanden wird; daselbst nehmt man seine Postpferde. - Über den Ryndacus
führt eine hölzerne Brücke ohne Geländer, und ist noch schlechter als alle jene
die ich bis jetzt in meinem Vaterland gesehen habe. Die Überreste einer alten
schlecht gebauten steinernen Brücke sind noch zu sehen. - Auf dieser Course
begegneten wir einen Bevollmächtigten eines grossen Herrn in Brussa, der vor
einigen Jahren mit einem unserer Begleiter Kurir bei dem Grossherrn gewesen
ist - die unter dem Namen Tartar bekannt sind - Jetzt haben diese beiden Bekannten,
die eine ziemliche Freude hatten sich wieder zu sehen - ruhigere Anstellungen
- der eine begleitet Reisende von einem Ort zum andern, der andere convoirt
Sclavinnen! - Wir sahen 3 von diesen unglücklichen aber höchst ecklichen Creaturen
- en califourchon wahrscheinlich ohne Pantalons zu haben - vor dem Türken herreiten,
der sie von Cairo brachte. Diese armen Geschöpfe brauchen die Türken, wie bekannt,
für die niedrigsten Arbeiten (3 Zeilen gestrichen) ... dan ganz allein bekömt
- welcher Umstand diese Leute gar nicht in Verlegenheit setzt. - Um 3 Uhr sind
wir in Mohalits angekommen. Dieser Ort ist grösser als man sich's denken sollte.
Man brachte uns in einen Chan, der voll von Menschen und Pferden eine miserable
Herberge ist. - Die Pferde stehen so eng, dass man unter sie gar nicht herein
kann. In dieser Stallung werden sie gefüttert und übernachten. An denen Sätteln
richtet kein Mensch etwas. Uns selbt führte man in ein ziemlich gutes Zimmer,
welches NB mehrere zerbrochene Fenster hat. Auch ist diese Pièce meublirt, ganz
nach dem Genre der Türken, welches wegen der Pest eine gefährliche unangenehme
Sache ist - Ich für meine Person setze mich überall hin - und warf mich ermüdet
ohne weiter's auf einen dieser ununterbrochenen divane. - Eine Reise in der
Türkey ist, wie eine finstere Nacht, die man im schlechten Weg und Regen mit
einem besoffenen Postillon durchfahren muss. - Man drückt sich in eine Ecke
vom Wagen - und schläft ruhig ein - lässt die Allmacht sorgen und obwalten,
so ist's in der Türkey! - Von einer kleinen Anhöche hinter Mohalits nehmt sich
der Olymp endlich wie ein hoher Berg aus - und er scheint aus dem See Apollonia
sich mächtig gegen die Wolken erheben zu wollen. - Die Gegend von Mohaltis ist
reich an allen möglichen Vögel Gattungen, und nie sah ich mehr Lerchen. In diesem
Augenblick warten wir auf den Pilaf, den uns der Herr Krebs zubereitet und werden
von Flöhen ganz zerfressen; - das wird wieder eine angenehme Nacht werden!
Während wir bei unserm frugalen Abendessen gesessen sind - fiel ein Ratze von
einem Brett, welches ober einigen Waffen als ein Meuble des Zimmers festgemacht
war - Beinahe fiel er auf Landschulz - Seinen Compagnon sah ich ganz ruhig auf
dem Brett herumspazieren. - So muss auch noch diess' datzu kommen, um uns jede
erdenkliche Ruhe zu nehmen. - Gegenüber ist ein andrer Chan - in welchem eine
Gesellschaft reisender Türken singt - das wird wahrsceinlich nicht lang währen,
da die Osmanen gewöhnlich mit denen Hühnern zu Bette gehen - Würde aber diese
Musick nicht aufhören oder wenigstens ein wenig nachlassen, so gebe ich einen
défie wer schlafen will - den ein türkisch Lied ist beiläufig der unharmonischste
Ton, der ein Mensch von sich geben kann - Einer unserer Begleiter, ein untersetzter
kräftiger Kerl mit einem gelben Tuch auf dem Kopf, den wir wegen seiner puissance
den Patriarchen nennen, ergötzt uns alle Tage mit einem dieser Lieder, und steigt
mit seiner Stimme zu letzt so hoch, dass man glauben sollte, wenn man die dicke
Stirne und den langen Bart dieses Patrons nicht sähe, es sänge ein 12 Jähriger
Knabe. -
(9. November
1818)
9-ten. Die Nacht verging langsam, das weiss der liebe Gott - Ich konnte die
Morgenröthe kaum erwarten - denn die Flöhe bewiesen sich hungrig und fleisseg
- so wie wir sie muthmassten. Krebs restaurirte uns einigermassen mit einem
grossen Becher Mailänder Chocolade in guter Milch gekocht NB für den Mann ein
Becher -. Es war noch grau als wir dieses Zeug in unserm Magen hatten - Die
Packtaschen wurden geschlossen die Betten zusammen gerollt, und alles war zum
Aufbruch bereitet, nur die Pferde nicht die ganz ruhig ihre Gersten und ihr
gehacktes Stroh zu sich nahmen. Ich fing einen teufels Lärm an, und ärgerte
mich wirklich - Liess dem Patriarch mancherley Hartes verdollmetschen - und
machte - in Gegenwart aller Türken, die bereits aus ihren Löchern herausgekrochen
waren, einen train du diable, über welchen Vorfall die Türken erstaunt zu sein
schienen, da ein Giaur sich so etwas nicht herausnehmen pflegt - Indessen missfiel
ihnen das gar nicht, wie ich denke, und einer von ihnen fragte seinen Nachbar
neben welchen er Kafe trank und Taback rauchte ob ich ein Nemtze sei - worauf
der andre ihm mit Magyar antwortete. - In Brussa sagte der Pacha dem Doctor
Kelly, dass ich ihm so gut gefiel weil ich so viel Soldaten Feuer hätte. - Unter
andern zu übersetzenden Reprimanden erhielt Gabriel auch folgende Drohung zu
verdolmetschen, "dass ich bei der nächsten Post Postpferde nehmen will
- wenn ich nicht damals aufbrechen kann, wenn ich es wünsche, da ich nie gewöhnen
werde einen andern Herrn, als mich selbst auf einer Reise zu haben". -
Nach einem langweiligen Aufpacken unserer Packtaschen gelang es uns endlich
doch um 7-30 - von Mohalits aufzubrechen. Ich ritt wieder Zimmermann's Braun
mit dem Tartaren Sattel, der für 2 Personen berechnet ist. Wie wohl diess Sitzinstrument
bequem ist, so finde ich's doch gar zu lächerlich, da man von einem Pferd 8
la Lettre nichts als den Schweif und die Ohren sehen kann, wenn es mit einem
deroley Sattel aufgesattelt ist. Ob nicht Malekadel einen solchen Sattel hatte,
als er Mathilde zu sich auf das Pferd nahm? -
Das Wetter war unangenehm und kalt. 7 Grad. Der Nebel ungesund und dicht. Vor
und hinter Mohalits ist das land tief und im schlechten Wetter muss die passage
erschrecklich schlecht sein -. Die Gegend ist eben, - der Boden gut, und zum
Theil auch angebaut und bearbeitet. 8 Uhr über eine schlechte hölzerne Brücke
über den Achköprü - der eine Waldstrom ist. Links auf der Ebne sahen wir 2 sehr
hoche souterazy - durch welche die osmanischen hydrauliquen dem Wasser eine
Kraft zu steigen zu geben denken, die sie durch die Länge des Abflusses verlhren
haben würde. - 11-15 in Cseltikcsi angekommen. Ein unbedeutendes Dorf. Ein steinerner
Chan ist da. Wir frühstückten. Unsere Begleiter auch aber auf eigene Faust,
und eigne Art. - Die Hauptrolle bei ihrem Frühstück spielte eine Sauere Milch,
von welcher der Rahm bereits herunter geschöpft war. Ein herrlicher Brunnen,
deren es so viele an denen Strassen sind, labte uns mit seinem guten Wasser.
12-30 ritten wir neben dem Adakö deresi - der in einem Thal gegen das Meer eilt
- Bald darauf kamen wir in das Dorf gleichen namens - etwas vor 2 Uhr passirten
wir den Susugerlik deresi, der ein ziemlich bedeutender Waldstrom ist, den man
durchreiten muss, bevor man nach Susugerlik komt, welcher Ort beinahe an seinen
Ufern liegt, und welcher für unsere Nachtstation bestimmt war. Im Winter muss
dieser Torrent der so zu sagen für seinen Lauf ein Thal bildet - schwer oder
gar nicht zu passiren sein - Und die Beschreibung des Reisenden, der von Mohalits
nach Smyrna im Winter reiset, muss von der sehr verschieden sein, der diese
Gegend in einer guten Saison durchläuft! Man hat uns in ein Vorhaus oder Vorstall
eines harems gebracht; wem die Annstallt gehört weiss ich nicht - nur ist's
gewiss, dass kein Frank in dem Hof wo die Damen athmen herein darf - die Türken
aber doch. - Unser Zimmer hat keine Fenster - aber einen Kamin -. Das Dach hat
ein Loch, durch welches der Mond hereinsieht, als ein Vorkehrungsmittel gegen
Rauch. - Ein kleines Mädchen etwa 8 jahre alt brachte aus dem harem einen Kittenapfel
mir zum Geschenk, den wir allsogleich gegessen haben. - Ein Huhn bezahlten wir
30 para - ein Indian 3 Piaster. Nun sitzen wir alle 3 bei einem einzigen Licht
und schreiben Tagebuch. Wir hatten keinen andern Wein als in einem Tsutora aus
Mohalits der schwarz und dick geworden ist und den ich nicht trinken kann. -
Ich löschte meinen Durst mit Wasser und Brandt Wein hereingemischt - Auf der
hieher Reise sahen wir einen Transport Pferde zu Fuss führen. Ein Reiter voran
liess uns den Weg räumen. Die Pferde waren leicht bekleidet - Alle Hengste.
Hübsch und gut gehalten. Es schickt sie der Pacha von Magnesia, dem Grossherrn,
Grossvezir, Captan pacha, ect. ect. Ich sehe nichts mehr und meine Augen thun
mir weh. - Sonderbar war es, wie der Patriarch alle die 15 Pferde die wir haben,
da ein chirugy und ein Wegweiser zugewachsen ist, in einem Kreis um sich herumgetrieben
hat, um dass sie auskühlen. - Die Pferde waren beim Schweif zusammengebunden
und giengen sehr ruhig - als ob sie Getreide getretten hätten. Sie müssen an
das schon gewohnt sein. -
(10. November
1818)
10-ten. Mein Auszanken hat gewirkt und die beiden Chef's unser Caravane waren
heute Morgen schon einige Stunden vor Ausbruchs des Tages auf. - En revanche
waren wir ein wenig bequemer und wären gerne bei unserm Kamin Feuer ein wenig
länger liegen geblieben, als 5-30. Indessen wollten wir die Türken nicht disappointiren,
die Betten mussten aufgerollt werden, und wir hoben uns mit Mühe von dem ganz
mit Flöhen angefüllten Laager. - Heute ist's uns gelungen, ein gutes Stück vor
Sonnenaufgang uns in Bewegung zu setzen. Um 6-45 marchirten wir ganz ruhig.
Das Wetter neigte sich gegen Regen. Gegen 9 Uhr doublirten wir das rechts ganz
nahe bei der Strasse liegende unbedeutende Dorf Ömerkö. - Etwas nach 10 Uhr
kamen wir zu einem Kafe Haus - welches einer Wein Schenke gleicht, - die man
in Ungarn - in den Herbstmonathen auf die Landstrasse établirt, um den jungen
Wein zu verschenken. Daselbst wurde auf eine kleine halbe Stunde halt gemacht,
- und der Rest von einem holländischen Käse verzehrt. - Dieses kleine Cafiné
ist neben einem Brunnen, recht hübsch situirt. Die Mauern eines verlassenen
Chans sind zu sehen, - die gewöhnlich mit sehr starken Steinen gebaut gewesen
sind. Demür kapu, das eiserne Thor heisst dieses établissement. Ein Kafé voll
mit Satz, und dick wie Chocholade, machte dem dejeuner den Schluss. - Gegen
2-45 sind wir in Mendachora angekommen. Unser Weg ging stets über ein Mittelgebürg,
welches öde und hässlich mich an die Appeninen errinerte. Nicht eine schöne
Aussicht - kein einziger Baum! nur hie und da Gesträuche, die über glatte Felsen
in Unordnung hinhengen! Der Weg zum reiten ist unangenehm - und ein gutes Pferd
selbst kann sehr leicht fallen. -
Mendahora liegt in einem Thal, - welches von ausgedehnten, unfruchtbaren Hügeln
und Bergen von allen Seiten eingeschlossen ist. - Dieser Ort presentirt sich
wahrlich nicht sehr freundlich, - und unterscheidet sich dadurch von allen türkschen
Dörfern, die ich bis jetzt gesehen habe, dass keine einzige Mosquée und Minars,
so wie auch keine Bäume ihm zur Zierde dienen. - Zu erst wurden wir zu einem
erdnen Haus ohne Fenstern geführt, welches anstatt des Daches mit Gesträuchern
zugedeckt ist: da sollten wir übernachten! - Ich stieg ruhig vom Pferd, - ind
war im Innern ein wenig unmuthig, - alle Tage in so scheusslichen Herbergen
zubringen zu müssen, - indessen - unterdrückte ich meinen Unmut wegen denen
2 Gelehrten, die - über diese Art zu reisen sich doch nicht die geringste Idee
machten. Auch stehen sie manchmal mit offnem Maul, und wissen sich gar nicht
auszufinden! Was die sich wohl denken mögen, weiss der Teufel. - Gabriel, der
bei jeder Gelegenheit non che male, non che periculo - und trovera ausrufft,
war selbst über dieses appartement so unzufrieden, dass er uns weiter zu suchen
- anrathete. Der Chiaja oder der Richter des Orts, ein fleissiger guter Kerl
im Hemd, und ein Emir, machte sich voran und brachte uns gleich beim Eingang
des Orts vis-8-vis von einem grossen Chan, im welchem aber nur für Pferde und
Kamele gesorgt ist - in einen türkschen Laden - oder Kafe Haus - Ich weiss nicht,
was es eigentlich ist: Es ist aber ganz offen und hat so zu sagen keine Fenster
und keine Thüre, öffnet sich wie eine Marktbude. In diesem Haus werden wir also
einen langweiligen Nachmittag und eine schlaflose Nacht zubringen, - indem die
Zahl der Flöhe und Läuse die grösste Zahl erstiegen hat. Ich bin froh und dank
Gott, wenn wir in diesem infamen Aufenthalt nicht die Pest und keine Leise kriegen.
- Vor dem Ort haben wir in einem Friethoff mehrere ganz frisch begrabne gefunden!
Auf welche Gedanken bringt dieser Aspect die Furchtsamen. - Krebs beschäftiget
sich mit einem jungen indian. - Zum Essen bekömmt man Hühner, Gänse, Indian:
Seit vorgestern haben wir keinen Wein. - Ich hätte mich bei einem türkschen
bartbier einlogiren können, - dessen Haus nach Mister Brant's Empfehlung ohne
Vermin sein soll, - da ich aber in dessen Zimmer nur allein Platz hätte, will
ich's aufgeben, so wie Alexander das Wasser. - Ender zeichnet unter einer Scheuer
- einen ganzen Teufel Türken. - Sie lachen alle und sind freundlich - den er
ansieht, läuft weg. - Ein grosser Moor will sich nicht zeichnen lassen, - indessen
ein andrer alter Emir einen Knaben, der nicht übel ist, in die Backen kneipt
und zu mir aus vollem Halse lachend questo bon, sagt - (5 Zeilen gestrichen)!
Während ich gestern mein Tagebuch geschrieben, und manchen reflexionen, allein
und abgeschieden von den Menschen, die mir werth sind - liebreich Gehör gegeben
habe, - wurde eine grosse Trommel ohne Tact, aber geschwind - erbärmlich geschlagen.
- Die Töne einer Pfeife, die en front sieben Löcher hat, und gewöhnlich die
Trommel begleitet, - konnte ich kaum hören, - indessen überzeugte ich mich später,
dass sie auch dabei war, und von einem dicken Türken ausgezeichnet datzu gespielt
wurde, dessen unerschöpflicher Athem und volubilität seiner Finger - in diesem
Genre ihn wirklich zum Meister stempelt. In was aber die Kunst diese Pfeife
zu menagiren eigentlich bestehet, konnte ich eigentlich noch nicht erfahren,
da die virtuosen keinen Tact und keine Arie beobachten, sondern mechanisch die
Finger untereinander bewegen, bis eine gewisse Musick entstehet, die der verglichen
werden kann, - wenn kleine Kinder Clavier spielen. Die pointe, denke ich mir
immer ist, eine so starke Brust zu haben, um es tractiren zu können, wotzu nicht
jedermann tauglich ist. - In einem Ort, wo alles zur Melancholie stimmet, ist
die kleinste Ergötzung oder um besser zu sagen, die kindischste distraction
wilkommen, um 8 la lettre die Zeit zu tödten und ich habe mir obendrein zum
Gesetz gemacht, - aus jeder Blume, die mir begegnet, Honig zu ziehenm da die
meisten meiner Blumen doch schon abgeblüht sind. - Ich verliess also meine luftige
Zelle, - um zu sehen, weshalb in einem so kleinem Ort, wie Mendahora ist, die
Trommel gerührt wird! Ich sah eine künstliche Fackel, das heisst von Eisen,
welches wie ein Korb (länglicher cylinder) Holz fassen kann, welches hell brennen
sollte, welches aber nur matt beleuchtet - bald zu Kohle wird - und verlöscht,
wie wohl ein datzu bestimmter - es zu erhalten sich mühet. Um dieses von der
Erde beiläufig 8 Schuh erhobnes Feuer, welches mitten in einem weichen Sande
auf dem Platz des Orts befestiget war - sassen, ich glaube alle männlichen Einwohner
des Orts - und alle Reisende. Die Honoratior'n auf Rohrtacken, mit denen Füssen
übereinander. Auf einer unbeleuchteten Anhöche gegenüber war das Heer der Frauen
- verlassen und stumm - keiner von denen Fachionablen des Orts näherte sich
ihnen, und sie wurden ganz allein sich selbst anvertraut. Die Männer hingegen
waren gesprächig und vergnügt -. Mir gefiel das Spectacle gut, weil es animirt
gewesen ist - und ich erfuhr, dass es eine Hochzeit sei. Landschulz und Ender
waren von meiner Zeuge dieser Féte gewesen, und sahen mehrere Männer tanzen,
welchen Tanz der erste mit dem ungrischen verglich "indem sie sich wiegten"
sagte er. - Mir war's leid nicht gesehen zu haben, und nicht im Stande gewesen
zu sein, es wiederhohlen zu machen, um zu sehen ob der Tanz der Türken und der
Ungarn nicht aus der selben Quelle entspringt, da doch die gewisse Pfeife mit
denen 7 Löchern das exacteste Tárogató Sip ist, welches man nur finden kann
- und dessen Laut mich immer daran errinnert. - Mich hat man auf die Rohrtacke
gezwungen, und in der Stellung mir denen gebogenen Knien zeigte man mir den
Bräutigam, der ein junger Kerl unter dem Gesindel gesessen ist. - Ender versuchte
auf der Pfeife zu spielen, reussierte aber gar nicht - und der Inhaber des Instruments
machte ihm immer ein Zeichen, nur ein wenig stärker hinein blasen zu wollen
-. Die Musick, der versteckt gewesen ist, kam nun in die Mitte, und ein junger
Türk, einer der männlichsten Osmanen, die ich gesehen habe - bemühte sich einen
Tanz zu organisiren; zog bald den, bald den andern: ein jeder wehrte sich -.
Im kleinen so wie bei uns wenn eine franzöische Quadrille getanzt werden sollte.
- Endlich wollte er sogar meinen Gabriel datzu zwingen, der sich diese Auszeichnung
mit difficultät verbath - Nach langen Suchen fand man einen Griechen und zwei
Türken die sich bei denen Händen haltend, den Bären Tanz abtanzten - wobei der
Grieche immerfort eine verschämte, und die 2 Türken eine äuserst massive Tournure
behielten. - So gingen sie eine halbe Stunde herum, - die Türken schienen damit
sehr unterhalten. - Ein grosser Moor, der sich viele Airs gab, rangirte zu einem
andern Tanz die Anwesenden, zu dem sich keiner bitten liess - und eine grosse
Chaine oder vielmehr ein Rond wurde gebildet, und mit denen sonderbarsten Bewegungen
im Kreis herumgegangen. Einige warfen sich zur Erde nieder, andre drehten sich
nur gegen den Hügel der Damen und riefen allemal, wenn sie sich umwendeten,
- und da das schnell aufeinander und von allen auf einmal folgte, gab es dem
ganzen viel Leben und Bewegung. Die Musich schnell drein, und zu Zeit zu Zeit
wurde eine Pistole abgefeuert. - So sind auch diese Menschen in ihrem Zirkel
glücklich, und so muss ich allenthalben Leute finden, die ich nur beneiden kann.
(11. November
1818)
11-ten. Heute sind wir um 7-30 in einem ruhigen Regen Wetter weg; gleich bei
dem Ort ritten wir über ein Wasser, welches der Susugerlik dere zu sein scheint,
von dem ich bereits vorhin Erwähnung gemacht habe. In weniger als einer Stunde
kamen wir in ziemlich gutem Weg nach Assélhan, ein unbedeutender Ort. Von da
fing der Weg sich in das bergige zu verlieren an - und der Regen und Wind hinderten
uns sehr in unserm Marsch. Die Pferde gleiteten alle Augenblicke. Etwas vor
10 Uhr sind wir in Csalis angekommen, welches an dem Fuss eines niedlichen mit
Gesträuch bewachsenen Hügels - liegt, und im schönen Wetter den Reisenden einen
angenehmen Ort zum Ausrasten und ein gutes Quell Wasser gewährt. - Hier drehte
sich Landschulz samt dem Sattel vom Pferd, da er eine Gurte aufheben wollte!
- Vom diesem Ort angefangen reitet man sehr stark westlich und beinahe immer
aufwärts. Der Regen und der Wind wurde nun unangenehm und heftig - unsere Bagage
Pferde fielen alle Augenblicke; das eine davon, welches mit dem Küchengeschirr
in einen Graben gerutscht und gefallen, wurde bei dem Schweif durch den Patriarch
aufgehoben. Ibrahims, des einen Chyrugis Reit Klepper gwetschte sich zwischen
zwei Felsen und konnte nicht aufstehen - wurde mit Mühe heraus gezogen. Dieser
Ritt glich dem Rückziehenden Hofstaat eines Generals, nach einer verlohrnen
Schlacht. Wir wurden zum Theil bis auf die Haut nass. Um 1 Uhr sah ich rechts
von der Strasse die 1 Schuh breit und 2 tief im Stein hinein gegangen ist, eine
Oberschlächtige Mühle und einen kleinen Hügel, der wie ein Tumulus aussicht
und von Menschen Händen aufgeführt zu sein scheint. Auf 2 Stunden beiläufig
rechts sahen wir - Balok Hissar. Durch diesen Ort gehet die Strasse für jene
Reisende, die mit Postpferden gehen. Ich sah nur den Tabaks dampf und einige
Minares. - Um 2-30 waren wir in der Höche von Bigadits, welches 1 Stunde links
liegt. Dieser Ort ist bedeutend, und der Posten eines Aga. - Ein Waldstrom,
der aber nie ganz trocken werden kann, fliesst nahe bei diesem Ort - und nehmt
alle Torrenten von denen rechts und links liegenden Thälern auf, den selbst
durchläuft er, ein breites langes prononcirtes Thal. Um 3-15 sind wir im Gyülgyük
endlich angekommen. Diese 8 Stunden, die wir auf dem Wege zubrachten, waren
die unangenehmsten auf unserer ganzen Tour. - Das Land ist halb Gebürg - keine
Wälder - keine Äcker. Eine dumme Gegend: so ganz ohne Character - In Gyülgyük
logirte man uns in ein Haus, in welchem alle Franken wohnen. - In Grunde ist's
schlecht, - wir finden es aber charmant und trocknen uns bei dem kamin Feuer,
nachdem wir Pilaf eingenommen und Wasser mit Brandwein getrunken haben. Wein
trinken wir seit 3 Tagen nicht, mir bekömts recht gut.
Je schlechter es mir gehet, desto zufriedener bin ich - denn nur nach Entbehrungen
und Aufopferungen kann mein Leben für mich wieder von einigem Werth sein. -
Morgen gehen wir nach Akissar, welches 12 Stunden entfernt ist - müssen um 4
Uhr aufstehen. Da es aber regnet und unsere Pferde ganz auf dem Hund sind, wird's
wahrscheinlich eine langweilige Course werden.
(12. November
1818)
12-ten. Heute wollten wir um 4 Uhr in der Früh weg gehen. Die Nacht hindurch
stürmte es immerfort - und häufiger Regen fiel. - Meine 2 Türken glauben den
Tag erwarten zu müssen, um aufbrechen zu können: ich willigte gerne in diesen
Plan, da ich die ganze Nacht vor dem Zug Wind und dem Klappern einiger Thürme
und dem ununterbrochnen Herumlaufen der Türken, die, um in den Stall zu kommen,
durch unser appartement gehen mussten, keinen Augenblick schlafen konnte. -
Bei Tages Anbruch wurde aufgepackt, und wir verliessen unsere Herberge um 8-30
in einem infamen Wetter. -
Eine kleine Strecke hinter dem Ort gehet der Weg in einer flachen Gegend. -
Bald hernach steigt man aber beinahe immerfort. - Ein Cavalerie Regiment würde
es citiren, in einer schlechten Jahreszeit über diesen Berg marchirt zu sein,
über den wir mussten - Gegen 11-30 haben wir die äusserste Höche erstiegen,
über welche unser Weg führt, - und nachdem wir gestern schon viel Bergauf gegangen
sind, und Gyülgyük selbst hoch liegen muss, so ist's gewiss, dass die Kante,
über die wir heute passirt sind, - sehr hoch über die Meeres Fläche liegen muss
- und ein Arm von dem Berg Kondag ist. - Auch von der Vegetation konnte man
schliessen, dass wir auf einer hochen Stelle sind: da wir oben keine Bäume;
nur miserable Gesträucher fanden, und das ganze Land mit Steinen, wie sie im
Grunde der Meeres liegen, angesät ist. Der Nebel war stark - und die Reise langweilig
und beschwerlich. - Nach 11-30 formirten wir uns zu Fuss, um den Berg hinab
zu steigen - mehr als eine Stunde sind wir steil abwärts gegangen. Der Nebel
stieg etwas in die Luft, - und wir sahen eine lange Reihe von langwiligen Bergen,
die nichts vorstellen - und nackt und bloss da stehen, wie man sie zwischen
Rom und Florenz sehen kann. - Ganz unten sind einige steinerne Brücken, die
über Tiefe Bäche hinwegführen, - ganz Rothe Platanen, die der Herbst so gefärbt,
beschatten sie - und geben im Sommer dem Reisenden gewiss einen angenehmen Schatten,
- uns machten sie aber traurig, da wir doch einsahen, - dass es in diesem Jahr
mit unserer Reise wohl schwer gehen wird - und dass wir noch manche kalte Stunde
verleben werden müssen, bevor der vaterländische Ofen uns erwärmen wird können.
- Glücklich meine Begleiter, die sich nach Wien noch freuen können - für mich
ist auch dort keine frohe Stunde! - Im Thal, welches man allmählich erreicht,
- ist's freundlicher - und bei gutem Wetter mag man da gut gestimmt sein -.
Der Boden ist fruchtbar und fleissig gearbeitet. Man bauet viele Baumwolle.
- Gelembe, wo wir um 1-15 angekommen sind, zeigt sich nicht übel -. Gewiss kann
man aber das nicht sagen, denn in einem schlechten Wetter zeigt sich jede Hütte
hübsch und bequem, in der sich nur ein Feuer zeigt. - Feuer ist doch das Leben
und Kälte der Todt! - Mir ist's immer so kalt! - In Gelembe wohnen auch Griechen
- das kann man an denen Feldern schon sehen; ich und die andern waren ennuirt,
und die Pferde in einen pitoyablen Zustand - neue Wolken thürmten sich von grässlichen
Wind feucht daher getragen - einen Genuss wollte ich mir noch gewähren - und
ich entschied, dass wir bleiben sollten. - Zu unserem nicht unbedeutenden Vergnügen
wurden wir in ein neu erbautes türksches Kafehaus logirt - das erste Gemach
ish der Sallon selbst, wo wir ziemlich viele Menschen gefunden haben - in dem
zweiten, welches aber keinen extra Ausgang hat, wurden wir einlogirt. Wir fanden
keine Meublen, auser einem Teppich, der die 2 Seiten dieses Cabinets bedeckte,
da in der Mitte der gewöhnliche Gang nur mit quadraten Ziegeln ausgepflastert
war. - Da in dieser piece viele Fenster Stöcke, aber keine Scheiben sind - und
auch kein Kamin, brachte uns ein Einaugichter Türke einen Dandur, - der uns
bald erwärmte. - Wir tranken türkschen Kafe, und assen en 3 einen excellenten
kalten Indian beinahe ganz auf. Zur nicht kleinen surprise brachte uns Gabriel
Wein, - den wir excellent fanden, der aber in andern Gelegenheiten wohl auf
die Seite gesetzt werden würde. An denen fundamenten unsers Hauses fliesst ein
Wasser welches die Leute Gelembe Dere heissen. - Auf dieser Reise machte ich
die Bemerkung, dass ich jedem, der mich darum fragt, wiederrathen werde von
Brussa über Land nach Smyrna zu reisen, denn es ist durchaus ein Zeitverlust,
und sogar ich habe noch etwas besseres in der Welt zu thun. -
In der vorigen Post sah ich mehrere tiefdenkende Kamele, die mit Sanftmuth warteten,
dass man sie ihrer Bürde entledigen soll. -
Warum hab' ich gerade einen Lohnbedienten getroffen, der Gabriel heisst? Soll
ich diesen Namen denn nie vergessen können?
Ich möchte gerne wissen, was die Türken in dem Neben Zimmer denken mögen, wenn
sie, wie heute, im schlechtesten Wetter Franken ankommen sehen, die mit ihnen
kein Wort sprechen, zu erst essen, und trinken, und wie sie Taback unk Nargile
rauchen, hernach aber einige Stunden, ohne ein Wort zu reden schreiben, lesen
und studieren, während sie ihr ganzes Leben nichts gethan haben? - Ob doch manche
unter Ihnen sind - die denken - dass das immerwährend Studieren der Franken,
denn sie sehen sie nur beschäftiget, zuletzt doch einen ascendant über sie erzwecken
muss. -
Morgen gehen wir nach Akissar, 7 Stunden distant. Wir haben keine guten Leuchter,
ich muss aufhören zu schreiben.
(13. November
1818)
13-ten. Heute sind es gerade vier Monathe, dass ich Wien verlassen habe. Wie
viel änderte sich indessen in mir! - Die Begebenheiten meines vergangenen Lebens
reihen sich in Traum Bilder vor mir hin - und ich sehe lebhaft, das was mir
einst lieb gewesen - oder das was ich gehasst, und der unbedeutendste meiner
Gedanken, meiner Wünsche - steht als eine böse Erinnerung von meinem, nur zu
regen Gedächtniss! - Das wenige, was mich freute, hab ich ganz vergessen - Ach
- das was ich nur beweinen kann, da die Reue umsont nur zu spät wäre - ist viel
- und ich kanns nie mehr in meiner Einbildung unterdrücken.
Wir sind nach 8 Uhr weg - um 9-30, liegt rechts an einem sonderbaren Berg Karakasch
- um 12 ritten wir an denen Ufern von Gürdük Csair und sahen rechts ganz nahe
von dem Fussweg, den wir geritten sind, ein altes Schloss, welches unsere Führer
Cappi genannt haben. Es ist von Mittelalter und von keiner Bedeutung: um 1 sind
wir angekommen und wohnen in Akissar's bedeutendsten Chan. Das Gebäu ist gross
und ganz verschlossen: in der Mitte hat's einen grossen bassin, der so schöh
und rein ist, dass er sonderbar mit allen übrigen Anstallen contrastirt, die
gemacht werden, um Reisende zu empfangen, da das besser wie bei uns, alles übrige
aber um so viel schlechter und unvenünftiger ist, dass man das sublime und gemeine
ganz knapp neben ein ander zu sehen glaubt. Wenn man in einem türkschen Chan
ankömmt, welcher gewöhnlich von Griechen und Armemiern besorgt wird, in was
aber das bestehet, weiss ich nicht recht, - sucht man sich selbst ein Appartement
aus - welches gewöhnlich von einem vier eckigen Zimmer bestehet, welches nur
dann beleuchtet ist, wenn man die Thüre aufmacht. Das Gemach wird dann zur eignen
disposition überlassen und man kann sich in demselben so breit und bequem machen,
wie man nur immer will. - Zur ebener Erde sind die Chans, die gewöhnlichen Magazins
der Kaufleute - und in Akissar sind es für Baumwolle - für welchen Articel,
der die Hauptbranche des Handels in der Levante ausmacht und in Smyrna concentrirt
wird, Akissar auch ein Filial concentrations Platz ist. - Die Baumwolle wird,
so wie man es von denen Pflanzen nennt, ungereinigt in derley filial Örter gebracht,
und daselbst gereinigt, in Säcken 8 2bis 3 Centen eingepack und mittelst Kamele,
die 2 solche Säcke tragen können, nach Smyrna gesendet - das ist beiläufig die
Manipulation. Komisch ist es zu sehen wie die Kamele bepackt werden, da sie
bei jeder Bewegung des Sack's der auf sie kniend und wiederkeuend augebunden
wird - sie schmerzlichsten Töne von sich geben, die man sich nur vorstellen
kann - und die finstersten Gesichter machen.
Ender zeichnete einen Türken der der Litta ganz ähnlich sieht. Ich hab' mich
vor dem Zimmer eines Türken, meines Nachbars gesetzt und gelesen. Landschulz
nahm einen Blumen Topf in die Hände, die dieser Osman vor seinem Kerker wahrscheinlich
als sein Eigenthum zur Zierde aufgestellt hat - worüber dieser Kerl imponirend
ihm das Zeichen machte es stehen zu lassen - Ich gerieth Zorn, und gab ihm zu
verstehen, dass er es nicht fressen werde, und wäre bereit gewesen den Kerl
umzubringen, im Fall er sich ernsthaft dagegen gesträubt hätte. - Überhaupt
kenne ich nichts lächerlicheres in der Welt, als den dummen Stolz der Türken
- und die noch albernere Geduld der Franken, die das so ruhig ertragen, und
angehen lassen. -
(14. November1818)
14-ten. Sind wir um 5-30 von Akissar weg - das Wetter war unangenehm und eine
lange Strecke zu Fuss gegangen, besonders da der Weg nach und von Akissar eine
der horriblesten ist, die man nur sehen kann. - Das Pferd, welches man reitet,
muss eine Art Seiltänzer sein, um von dem ehmaligen Steinweg, der hoch über
den Grund erhoben ist, mit dem Reiter nicht herunter zu fallen. Um 11 sind wir
in dem Mohallu Chiflik angekommen und haben ein wenig ausgeruht. Früher sind
wir über einen Fluss, den wir lang cotoirten, den die Leute Saranni heissen,
und der Chandlers Hyllus oder Phrygius zu sein scheint. -
Wir sind wahrscheinlich über die Ebne, in der Scipio den Antiochus geschlagen
hatte, welche Schlacht, die von Magnesia genannt wird. Der Berg Sipylos, wegen
der Transformation der Niobe berühmt - ist einer der charactervollsten Anhöchen,
die man sehen kann. - Ein erhobner finsterer - eigensinniger Berg ist er, und
dicke Wolken verlassen selten seinen vielgespitzten Gipfel. - Man ist noch weit
von Magnesia und glaubt schon da zu sein - und zumal wenn man den Hermos passirt
hat, - über den mehrere Brücken gehen und der nach Regen Wetter nicht durchzureiten
ist. - Die Gegend von Magnesia hat mich auf die von Brussa errinnert - nur finde
ich das Thal der letzteren Stadt, so wie die Berge, die Ausdehnungen ect ect.
grösser und blühender. - So einen interessanten Character aber, als der Sypilos
hat - ist mir in keiner Gegend vorgekommen, und man braucht keine besondre Einbildungskraft
zu haben, um bei vorübergehenden Sonnen Schein und Schatten, die Niobe in vielen
Stellungen zu sehen, so wie es Chandler dem vorüberziehenden Reisenden verspricht.
NB. Mir scheint immer, dass ich mich irre, und dass wir den Hyllus gar nicht
passirt sind, aber nur den Hermos, indem wir immer auf dem rechten Ufer des
ersteren geblieben sind. -
In Magnesia sind mehrere Chane, - davon sehen 2 bis 3 recht rein und bewohnbar
aus. Unsern Türken aber gefiel es besser, wegen ihren Pferden wahrscheinlich,
und dem Handel, den der pensionirte Tartar des Grossherrn allenthalben thätig
treibt, uns in ein kleines unbedeutendes Haus zu bringen, wo wir 8 la lettre
wie Heringe auf einander liegen mussten. Krebs bereitete unter dem Thor eine
Suppe, und nach meinem Geschmack war's beiläufig die unangenehmste Nacht, die
ich auf meinen Reisen, so zu sagen mit Landschulz und Ender in einem Verschlag
eingepackt ... (Hier brechen die Aufzeichnungen für 12 Tage ab.)
(26. November
1818)
Reise von Smyrna nach Scio. Den 26-ten November 1818. Man kann zu Land und zu
Wasser von Smyrna nach Scio. Ergreift man die erste Art, so pflegt man den ersten
Tag bis Vourla, das alte Clazomene, zu gehen. Man rechnet diesen Ritt auf 8
Stunden - den 2-ten hingegen reitet man bis Csesme, welcher Ort auf 10 Stunden
ertfernt ist. Die Pferde die man zu dieser expedition nimmt, kosten in Smyrna
von 8 bis 10 piaster täglich. Von Csesme findet man zu jeder Stunde Schiffe
um nach Scio herüberzusegeln. - Hofft man aber zur See gutes und günstiges Wetter,
so nimmt man ein Sakolevi in Smyrna - und tritt seine Reise auf dieser frêle
embarcation an, die in einem Caique und 4 Matrosen bestehet. Diese Art Fahrzeuge
sehen denen, von dem Prinzen Inseln sehr ähnlich, sind aber breiter und sicherer.
Die Griechen sind auch anerkannt viel bessere und geschicktere Seeleute als
die Türken, die jedesmal untereinander Streit bekommen, im Fall das Meer anfängt
ein wenig gefährlich zu werden. - Wenn indessen jemand die See nicht liebt,
und sich auf kein ohngefähr oder sein Glück verlassen will, so kann er auch
wenn er die Stelle des alten Clazomene sehen will, sich bis Vourla zu Wasser
hinübersetzen lassen, und dann daselbst Pferde bis Csesme nehmen, umsomehr,
da diese Fahrt zur See niemals mit einer Gefahr verbunden, auch ganz sicher
berechnet werden kann, die andre bis Scio hingegen nur selten in 2 Tagen réussirt
- und ganz allein, se dio lo vuol, abhengt. - In Vourla bekömt man nicht sehr
leicht Pferde, und man soll ja nicht vergessen, einen Brief von Smyrna an einen
bekannten Menschen daselbst mitzunehmen, der einem hilft selbe aufzufinden.
- Da ich auf der ganzen Reise bemerkt habe, dass einer unter uns sein muss der
viel Glück hat, entschied ich mich für die Wasser Fahrt bis Scio. Ich liebe
auch vielmehr auf dem Meer herumzufahren als auf denen Überbauten halbkrepirten
Pferden in der Türkey herumzureiten. Ein Sakolevi wurde also als unser Transports
Schiff, durch den Canciellière des Consulats in Smyrna um 150 Piaster engagirt,
und wir segelten den 26-ten November unter einem herrlichen blauen Himmel mit
günstigem Wind von Smyrna: es war 8 Uhr des Morgens. - Der Wind hat uns ziemlich
rasch auf eine Entfernung weggetragen, aus welcher man Smyrna mit freyen Augen
nicht mehr ausnehmen konnte: da wurde er schwächer. Je mehr man aus dem Golf
komt - desto mayestätischer erheben sich die Berge, die ihn einschliessen. -
Der Tachtarli (Pagus des Plinius) der die Smyrnioten das ganze Jahr mit Eis
versieht, thürmt sich dunkel und wild hinter Smyrna auf. - Die Brüder am linken
Ufer des Golfs, mit denen vielen Piramiden hengen mit dem Vorgebürg Carabournou
in Verbindung, und begrenzen den mittäglichen Theil des Golfs auf die schönst
möglichste Art. Vourla konnten wir nicht gut sehen. Ein festes Schloss, welches
Jeni kali heisst, und etwa 20 Milien (türksche) von Smyrna entfernt sein kann
- ist das einzige welches zur Vertheitigung dieses grossen Hafens erbaut ist.
Ich halte ihn für unbedeutend und ungefährlich, wenn selbst Mr Grivel, der Commandant
der Esperance behauptet, que personne n'entreroit dans ce port, si j'avais des
francais là dedans, pour diriger mes bouches à feu. - Vourla ist 35 Milien von
Smyrna. Scio rechnet man auf 100 und die pointe des Carabournou's auf dem hälften
Weg. Um nach Scio zu kommen. braucht man, so zu sagen zwei Winde. Der unsere
der ganz aufgehört hatt, fing stossweise wieder an - und nach Sonnen Untergang
waren wir an der nordlichen Seite des Golf's, zwar weit von eigentlichem Ufer,
aber doch so nahe, dass unsere Schiffer die Vorsicht brauchten - allenthalben
den Grund zu sondiren, um nicht auf eine Sandbank zu gerathen. - Diese Seite
des Golf's ist, wie bekannt, voll von Sandbänken und niedrigen Gründen, welches
ihn für unpractische See Leute gefährlich macht. - Jetzt kennen ihn aber alle
Leute, durch die immerwährende Übung so sehr, dass man den Hafen von Smyrna,
als gut und sicher, citirn kann. Es ist auch beinahe kein Wind, bei dem man
nicht bordegiando hinein und heraussegeln könnte. - Bei der Nacht dürfen keine
Schiffe neben dem Jeni Kalesi vorbeisegeln. (Links liegen mehrere Inseln - die
grösste von ihnen wird isola dei inglesi genannt. Wir mögen beiläufig 40 Milien
von Smyrna weggewesen sein, als der eine Schifer, der immerfort die Tiefe sondirte,
angegeben hat, dass wir keinen Wind haben, dass die Leute ausruhen müssen, und
dass sie Anker werfen wollen. - Wir haben den Caique nicht auf Tage, sondern
auf die distanze aufgenommen. Der Nutzen der Schiffleute erforderte, dass sie
keine Zeit verlieren sollen, - ich willigte also in diesen Plan - und habe neuerdings
erfahren, wie wenig diese Leute risquiren, und wie sicher man eigentlich in
ihrer Gesellschaft sein kann. - Den Tag hindurch sah' ich mehr Enten und Rohrhühner
als vorhin in meinem ganzen Leben - so zwar, dass es nicht komisch gewesen wäre
mit Kanonen und Kartatschen zwischen sie zu feuern, da sie auf keine Schussweite
aushielten. - Die Salinen, die an denen tiefen Gründen établirt sind verdienen
auch bemerkt zu werden indem sie zahlreicher sind, als man sich's vorstellen
könnte. - Gegen 8 Uhr wurden unsere Betten déployirt - und wir schliefen ein
paar Stunden schon ganz ruhig als der Anker wieder gehoben wurde - den der Steuermann
ohne Lärm und andern mechanischen Vorkehrungen mit der einen Hand herauszuheben
pflegt - der Wind war ziemlich stark - der Himmel rein, die Sterne funkelnd
- die Nacht kühl - Gegen Morgen haben wir die Höche von Fogia (Phocaea) doublirt.
- Die ehemaligen Einwohner dieser Stadt haben, nachdem sie von Cyrus verjagt
wurden, Marseille gegründet. - Wir passirten den Cap Cara bournou - der Wind
war en notre faveur und wir segelten frisch von dannen. Matt zeigte sich wie
ein blauer Schatten die Insel Mythilene (Lesbos) sich in ziemlicher Entfernung.
Der Sakolevi - legte sich ganz auf die Seite, auf welcher wir unsere Köpfe hatten,
so dass ich mit denen 2 - diese Nacht auf dem Kopf, wie 3 Sailtänzer zugebracht
haben. Landschulz, der auf die undeutlichste Art zu fragten pflegt, und sich
wie ein Indian ärgert wenn ihn die Menschen nicht gleich verstehen, - fragte
gegen 1 Uhr des Nachts, als das Meer unruhig und wild, mit seinen Wellen, sich
herumtrieb - ganz zerknirscht - dove siamo? worauf der Steuermann des Sakolevi
ganz moquant antwortete, in mezzo del mare! - Diese dumme Stellung hat mir ein
tüchtiges Kopfweh zugezogen: Alle andern aber wurden Seekrank. - Um 9 Uhr sahen
wir Scio als einen hochen ausgedehnten kahlen Felsen, die Inseln Spalmadori
scheinen von weiten - der Vordere, und dieser - wegen ihrer Schönheit berühmte
Inseln zu sein. Auf dieser Fahrt habe ich erfahren, dass es die aller beste
Art ist, die Archipelagen zu bereisen, wenn man sich mit verlässlichen Leuten,
sich ein so kleins Caique für eine ganze Saison miethet, NB muss es nicht im
Winter sein, und so von einer Insel auf die andre herum springt. Se halten die
Fahrt nach Athene in dieser Jahreszeit nur wegen dem Canal gefährlich, der da
Streif Wasser ist, der zwischen denen Inseln ein wenig breiter ist, und einer
offenen See ähnlich sieht. Die Ursache aber, warum mir ein Caique für sicherer
zu sein scheint, als ein grosses Schiff, und selbst als ein Kriegs Schiff, ist,
weil die kleinen allenthalben Häfen finden, und überall landen, die grossen
aber nur selten tiefen fond finden können, wo sie ohne Gefahr Anker werfen dürfen.
- Übrigens sind die Griechen solche Hasen Füsse zu Wasser, dass man keinen bessern
Fürsorgern sein Leben anvertrauen kann. Wir sind gegen halb zwölf Uhr zwischen
2 Spalmadoren Inseln knapp durch - alle andern müssen sie rechts oder links
wegen denen Untiefen ausweichen - und gegen 2 Uhr waren wir in dem Hafen von
Scio, der unbedeutend und für grosse Schiffe nicht gut brauchbar ist. - Früher
sahen wir die Inseln Ipsera und Anti Ipsera, die wiewohl klein, doch mehr als
80 grosse Handels Schiffe besitzen - Das tiefe Vorgebürg und Stadt Csesme sahen
wir links vor uns, und der Canal zwischen Csesme und Scio ist so bedeutend,
wie der Platten See in seiner grössten Breite. Scio ist ein kahler Fels und
der kleine unter Streif der von weitem bearbeitet und baumreich zu sein scheint,
ist so klein, dass man lachen muss, wenn man sich denkt, dass das die vielgelobte,
gesegnete und fruchtbare Insel Chios sei. Die Felsen sind hell, und sehen aus
wie bei uns die unfruchtbaren Berge, die im Winter nach vielem Regen gefroren
sind. Sie sind so kahl, dass man nicht begreifen kann, wie ein Baum da fortkommen
kann. Ich bin auch überzeugt, dass wenn diese Insel, si wie alle andern, die
ich bis jetzt gesehen habe, in einem nördlichen Meer lege, es nicht hinlänglich
hervorbrächte um 10 Menschen zu ernähren. - Viele Landhäuser, mit eingemauerten
Gärten, die sich gegen Norden von Scio an dem Abhang der Felsen fortziehen,
gewehren von weitem einen angenehmen Anblick - doch kann man die dunkel grüne
Orangen Bäume mit der glühenden Frucht nicht von grosser Weite entdecken und
bewundern; um den Duft dieser Frucht zu geniessen muss man in denen Gärten selbst
sein. Die Stadt hingegen ist rather dirty - und errinert mich auf Genua im kleinen.
Den Herrn von Hammer gebe ich ganz recht, dass die Landhäuser und Mauern die
sich nördlich und südlich weit von Scio selbst an der See Küste erstrecken -
wie eine in die länge ausgedehnte Stadt aussehen - in deren Mitte der Hafen
liegt. - Wir sind nicht ausgestiegen, als wir ankamen, da in Scio immer eine
Art von Quarantaine gehalten wird - und weil in Smyrna vor einigen Tagen ein
Geistlicher in der Pest gestorben ist, wurde diese Massregel uns verschärft.
- Selbst die gemeinere Classe der Türken ist nicht ausgenommen, sich dieser
Gesundheits Massregel zu unterwerfen - so sehr haben die Griechen dieser glücklichen
Insel einen ascendant über ihre Unterdrücker sich zu verschaffen gewusst. Was
doch das Geld, wenn es gut angewendet wird - und gut angelegt in der Welt für
Wunder wirken kann. Man schickte also einen Mann ans Land um die Erlaubniss
einzuhohlen aussteigen zu dürfen. Ich hatte, ich gestehe es, eine geheime Angst,
dass man uns diese Erlaubnis, wenn auch nicht verweigern dennoch erschweren
würde, was uns einige Stunden von einem schönen Tag genommen hätte, denn bis
man den Consul gefunden, und er sich für uns interessiren hätte können, wäre
es ganz bestimmt Abend geworden. - Zum Glück machte man keinen Anstand, umsomehr
da der Pestfall in Smyrna sich doch nicht ganz verificiren will. Scio unterscheidet
sich von allen andern Städten, die ich in der Türkey gesehen habe, dadurch am
meristen, dass die Häuser alle von Stein sind -. Man sollte denken, dass man
eine imitation von Genua in denen Strassen wahrnehmen sollte. Sie sind alle
sehr eng. - Unser Schiffs Capitaine versicherte zwar, dass ein Wirtshaus in
Scio sei, indessen wollte ich doch früher meinen Brief an dem Herrn Vice Consul,
den mir Bertrand gegeben hatte, überreichen; mein Gedanke war ein Haus für einige
Tage zu nehmen, in dem ich den Monath November in Scio zu beschliessen, und
die ersten Tage des Decembers daselbst unter einem lieben blauen Himmel zuzubringen,
mir vorgenommen hatte. - Ein italienischer Kaufmann, der mich in Smyrna gesehen
hat, war so gefällig mich zum Herrn Bouliaque, Östreichischen Vice Consul zu
geleiten. - Wir passirten einen grossen offenen Platz, der mich nicht wenig
an Corfu erinnerte. Ein dicker drolliger kleiner Kerl galopirte auf einem türkschen
Fuchs Stuts Schwanz daher und man stellte uns den Mann vor, den wir suchten.
- Bouliaque sprang alsobald vom Pferde, und überhäufte mich mit complimenten
- war übrigens schon prevenirt, dass ich kommen werde. - Wie und durch wen,
weiss ich nicht, bemerke aber allenthalben, dass sich die Leute in der Levante
durchaus das Wort gegeben haben, mich für einen grossen Herrn passiren zu machen.
- Dieser Spass und Irrthum gehet wenigstens von Constantinopel bis hierher an.
Macht etwa mein grosser Hofstaat mir diesen Credit? oder das Schreiben der Fürsten
Metternich, welches ich übrigens niergends presentire, oder etwa die Empfehlungs
Schreiben des gewaltigen Internuncius? Bouliaque trug mir sein Haus an, welches
ganz in Unordnung ist, da dieser geschmackvolle Italiener viele Änderungen daselbst
vornimmt: ich acceptirte und in einer halben Stunde waren meine Leute und meine
sämtliche Bagage in dem Haus des Consulo Doctors, der vorhin beiläufig alles
in der Welt gewesen, ein guter geschwätziger Kerl ist, und dessen Hospitalität
ich nicht genug rühmen kann: was mir am meisten an diesem Vice Consul gefällt,
ist, dass er nicht, wie alle übrigen Franken, die einige Zeit in der Türkey
sind, denen Reisenden ewige Zeitverlust durch Hindernisse und den langsamen
türkschen Tact - verursachen und ihnen jede Notitz, die sie von ihnen herauspressen
könne, mit einer teuflischen Langerweile bezahlen machen. - Wir waren nicht
2 Stunden in dem steinernen Haus Bouliaque's als der Fuchs für mich, und 4 andre
Maulthiere für die 2 unerträglichen, 1 für den Consul und 1 für einen Janitscharen
vor denen Thoren standen, um uns zu der Schule Homers zu bringen. - Um dahin
zu gelangen, cotoyirt man die Seeküste gegen Norden und kömt, nachdem man eine
sehr starke halbe Stunde geritten, und mehrere Gärten, die mit unverhältnissmässigen
Mauern eingefangen sind, und Landhäuser passirt ist, zu einer Quelle und einer
Groupe von Bäumen. - Die Felsen Wand, die nicht viel Raum zwischen dem Meer
und sich selbst überlässt - bildet daselbst eine imponirende Schlucht, aus der
ein kleines Wasser herunterquillt. - Gehet man nächst dem eingefangenen kleinen
Garten, an dessen Nordseite der benannte türksche Quell' placirt ist, gerade
gegen die Wand des Felsens zu - kömt man bald auf die sogenannte Schule Homers,
was aus einen oben abgeschlifnen ovalen Felsen bestehet, welches rund herum
einen Umfang hat, der gerade zum Gebrauch des Sitzens eingerichtet zu sein scheint.
In der Mitte, ein wenig gegen die Ostseite geschoben, stehet ein ausgelassener
Fels - so kann man ihn jetzt nennen. Chandler sah noch, wie die Statue, die
dieser Klotz vorstellte, zu erkennen gewesen ist - dass es eine menschliche
Figur vorstellen sollte - indem nur Kopf und eine Hand daran fehlte. - Er erkennt
diesen Ort, denn kein Gebäu war es nicht, für sehr alt, und hält ihn für einen
offenen Tempel der Cybele. - Er spricht auch von 2 Löwen-häuten, die auf den
Sitz dieser Göttin établirt gewesen sind und deren Pratzen man jetzt noch mit
ein wenig lebhafter imagination erkennen kann. - Hammer's Urtheil ist, dass
es ein Opfer Tisch gewesen sei. - Diese aber halte ich durchaus für falsch.
- Viele andre glauben aber, dass Homer selbst auf den Sitz gesessen, und 12
seiner Schüler, die sich auf den gewissen Umfang um ihn herum tapirten, davon
belehrt und unterrichtet hat. - Was es auch immer gewesen sein mag, so ist's
gewiss, dass dieser Ort etwas ungewöhnlich Schönes vereinigt, und die Ruhe der
Felsen, die ihn mit wilder Unordnung umgeben, die Blaue See, die farben wechselnd,
bald glatt bald stürmisch an seinem Fuss liegt - der Berg Miletus der vis-à-vis
seinen Scheitel in denen Wolken oft versteckt, oder ganz rein den Glanz der
Sonne zurückprellt, das rieseln einer Quelle, die grünen Bäume und glühenden
Orangen - die in der Nähe und in der Entfernung die Gegend ein wenig zähmer
machen - alles das kann für den Augenblick in der prosaischesten Seele - einen
Funken von Poesie anzünden. - Der Wein Homers, der von denen Römern sehr gepriesen
und hoch gehalten wurde, wächst wie man mir versicherte eine 1/4 Stunde nördlicher
an der Seeküste in einer ziemlichen Höche - der Wein soll gesund, geschmackvoll
und sehr leicht sein. Manche behaupten sogar er soll die Verdauung befördern.
- Wenn man beiläufig 400 Schritte in der benannten Schlucht fortgehet, kömt
man auf die Quelle des Dichters -. Diese quillt imediat ziemlich häufig aus
einem Fels hervor - Wir fanden etwas Leinzeug und Wäsche die in dieser Quelle
gewaschen wird, an einem neben hervorragenden Felsen zum trocknen aufgehenkt
-. Mit dem Becher, welchen ich mit genommen, hat jeder von uns von dem laulichen
Wasser eine gute Portion getrunken. Ich hab' wie mir deucht mehr Becher hintereinander
heruntergeschluckt, ohne dass auch ein einziger Vers mir eingefallen wäre. -
Dieses Wasser ist für sehr gut gehalten - Ich denke auch dass es wahr ist, denn
die Türken, die doch nichts aus Vorliebe für den Homer thun, finden, dass es
gut ist, und es gehet so weit, dass viele in Scio kein anders trinken und dass
die Scioten unter andern Geschenken, die sie dem Grossherrn machen, ihm auch
in Flaschen eingefülltes Wasser aus dieser Quelle nach Constantinopel senden.
Man sagt, dass in einem nicht weit entlegnen Dorf die Einwohner viele Ausdrücke
beibehalten haben, deren ausschlüsslich nur Homer sich bediente. - Siene Schule
war da, sein Wein, seine Quelle, in der Nähe spricht man noch immer die selbe
Sprache, sollen das nicht so viele Beweise sein, dass er wirklich einstens da
gelebt hat? Und kann ein Dichter an einem ruhigeren Ort, unter einem heiteren
Himmel wohl wohnen? - Den Rückweg nahmen wir zwischen denen Gärten, die so wie
in Italien mit hochen Mauern von einander getrennt sind. - Es war spät, kalt
und dunkel - und bei dem ledigen Consul vermisste ich sehr - den guten Kamin,
den warmen Tandour, der mich in Smyrna manchmal erfreute. - Mein Koch übernahm
die Kuchel - er kauft ein und sorgt für Frühstück, Mittagmahl und Abendessen
- Ich bin Gast in dem Haus des Consuls, und er mein Gast, alles was essen und
trinken betrifft. Er scheint mit dem arrengement ganz zufrieden zu sein. - Die
Sättel, die man auf denen Maulthieren in dieser Insel hat, finde ich ganz vortrefflich.
Wenn ich jeh in einer Gebürg's Gegend wohnen sollte, würde ich mir gewiss welche
der Art bringen lassen. - Der Consul expedirt mir dieser Tagen gegen 100 Bouteillen
von de la bien bonne fleur d' orange double de Scio - à 30 parrah die Flasche!
Man bekomt auch Eau de Rose. Die Pomeranzen die ich bis jetzt gesehen habe sind
mit denen von Malta oder der Insel Candia in keinem Vergleich zu bringen. -
Nach einer unruhigen schlaflosen Nacht bin ich
(28. November
1818)
Den 28-ten in aller Früh wieder aufgewesen. Ender nahm ein Muli, um die Schule
Homers zu zeichnen. Ich gieng mit dem Consul und Landschulz - per fare un giro
nella citta. - Die Strassen sind eng aber rein. Man fürchte kein Feuer. Esswaren
werden von allen Sorten in allen quantitäten um billige Preise verkauft - Die
Häuser sind vom rothen und weissen oder viel mehr grauen Stein gebaut, die symetrisch
unter ein ander festgemacht sind - und zur Zierde dieser auf italienischen Geschmack
erbauten Wohnungen nicht wenig beitragen. - Nachdem wir die 2 leeren Räume und
das Schloss in welchem nur Türken wohnen, und Franken ohne Vorwand nicht zugelassen
werden, ein wenig angesehen, und in einer catholischen Kirche, die einer griechischen
ganz ähnlich sieht und mich wegen ihrer Reinheit frappirte - einige Vaterunser
gebethet, das heisst, ich, und gedacht, ob ich meine lieben Eltern in meinem
Leben noch einmal sehen werde, sind wir zu einem der reichsten griechischen
Kaufleute um sein Haus von Innen zu sehen, damit wir uns einen deutlichen Begriff
machen können, wie alle übrigen aussehen, da eine der andern auf ein Haar ähnlich
sieht. - Der Doctor machte sich den Spass mich als un principe d'Ungheria aufzuführen.
Der Grieche, der früher in der Christianita auch gelebt, und gut italienisch
spricht, ist mit der Fränkschen Lebensart mehr bekannt, und war höfflich und
artig - Eine sehr hübsche Stiege führt zu einem grossen Saal - der sehr hoch
ist, und dadurch noch höcher wird, dass das Dach eigentlich die einzige Decke
des Hauses ist. In einem so guten Clima, wo man alle die Feuer Comforts entbehren
kann, finde ich diese Art für sehr gut, da die Höche der Wohnungen zur Gesundheit
und agrément nicht wenig beizutragen pflegen. In einem Eck dieses Saals war
ein kleines türksches établissement mit einer Galerie, und ein wenig erhöht
- Im andern Eck war ein fränkscher Divan auf den man uns nöthigte. Es wurden
Pfeifen gereicht - und eine Composition von Honig und Rosenwasser, welche in
einer grossen Tasse conservirt, stets mit einem Kafe Löfel herausgehohlt wird
- den jeder ablecken muss der davon verkosten will - Manchmal geht ein einziger
Löffel durch eine zahlreiche Gesellschaft von Mund zu Mund, welches nicht ganz
apetitlich ist. Sodann wurde excellenter Kafe auf türksche Art cridenzt. Wie
bekannt haben die Scioten vor allen andern Griechen Rechte, die sich nach und
nach festgesetzt haben, und die die Türken, die alles alte noch getreuer beibehalten,
wie meine guten Landsleute, aus vielen andern Ursachen auch nicht ändern wollen.
- Man sieht auch in dem Betragen der Türken, dass sie recht gut fühlen, dass
sie indirectement unter der Gewalt des Griechischen Geldes stehen, welches die
Scioten von jeher sehr anzuwenden wussten. - Man behauptet sogar, dass die Einwohner
dieser Insel durch intriguen in Constantinopel zuwegen bringen könnten, ihren
türkschen Aga wenn er ihnen nicht anständig wäre absetzen zu machen. - Nachdem
wir des Guten auf diese Art lang genug genossen haben, sind wir in die Schule,
die seit langer Zeit in Scio zwar établirt ist, die aber durch den neuen director
Bamba, der seine vollkommene Erziehung in Paris erhalten hat, erweitert und
fester gegründet wurde. - Nebst andern Vorkehrungen ist ein ganz neues établissement
für eine angehende Bibliotheque gebaut worden, und chemische und experimental
phisische apparate angeschafft. - 13 Professoren werden aus einem fond public
bezahlt, der auf jährliche 50 mille Piaster berechnet ist. - Neue Bücher werden
angeschafft, instrumente aus Paris und England verschrieben, junge Leute auf
Reisen und fremden Schulen gesendet. Alles diess geschieht clandestinement,
nicht so sehr der Türken wegen, die in der Levante alles lehrnen und lehren
für einen Zeitverlust erklären, sondern des griechischen Bischofs wegen, der
durch eine Art perfection die alte Form der griechischen Kirche umgestossen
glaubt. - Mir hat es wohl gethan endlich einmal eine Art Antallt gesehen zu
haben, die uns hoffen lässt, dass auch in diesem Theil der Welt die Menschen
zur irdischen Vollkommenheit sich einen Schritt nähern wer-den. - Ob diese Anstallt
aber einen bessern succes haben wird, als jene in Athen, für welche der Kaiser
von Russland und insbesonders der Kronprinz von Baiern sich nebst andern mächtigen
Herrn so sehr interessirten, weiss ich nicht - und denke, dass uns solche Veränderungen
ganz nahe bevorstehen, dass so kleine établissements durch grössere und wesentliche
bald verlöscht und ausgestrichen, oder wieder in das vorige Nichts zurücksinken
werden, jenachdem es in der Zukunft eingewoben ist. - Die jungen Griechen, die
uns mehrere Aufgaben von der Trigonometrie mit einer erstaunten precision und
Feuer auslösten, sind im ganzen blasse schwechliche Créaturen, und haben wahrscheinlich
mehr geistliche als phisische Eigenschaften. - Die Maul Eseln waren an der Thür
und Landschulz ich bestiegen sie vor ein Uhr um uns zu dem Kloster Neamoni,
welches andre auch Jamoni heissen, zu begeben. Man reitet in das Innere der
Insel geradetzu westlich - Als man aus der Stadt heraus reitet, kömt man zu
einem torrenten, den die Leute Pardeni heissen. Längst des linken Ufers dieses
Quells und Regen Baches reitet man ein gutes Stück auf Felsen und Steinen sanft
aufwärts. - Ich habe, ich glaube, alle Wäscherinen der Stadt Scio daselbst versammelt
gesehen, die die gewaschne Wäsche an denen Felsen rechts und links ausbreiteten
und durch die Menge der Seife, die sie gebrauchen, das ganze Wasser auf eine
grosse distanz dermassen trübten, dass ich's im Anfang für ein warmes saturirtes
Wasser hielt. - Man reitet auch neben einem Aqueduct der eingemauert auf der
Erde fortläuft - und nur hie und da von einem oder mehreren Arcaden von einem
Hügel zum andern übersetzt wird. - Später reitet man durch diess kleine Wasser,
und steigt allmählich einen Felsen nach den andern. - Landhäuser, deren man
mehrere hie und da zerstreut sieht, sind im italienischem Genre, ohne Dächer
gebaut, und verschönern die Gegend nicht. Bäume sind wenige, tragen aber alle
zahlreiche Früchte, man sollte denken, dass keine unedlen Pflanzen auf der ganzen
Insel sind. - Wie wir so weiter fortgeritten sind, kamen wir mehrmal so zwischen
Felsen Wände, dass man sich vielmehr in der Insel Santa Helena als in der fruchtbarsten
des Archipelagus zu befinden glauben würde - Man sieht auch keinen Baum, nicht
den kleinsten Strauch - kein Gras. - Weiter hinauf sieht man dan viele Bäume
auf Felsen hie und da zerstreut, und die grüne Farbe auf den silber grauen durch
Sonne beglänzten Felsen, in Unordnung hingeworfen, giebt eine bizarre Landschaft.
Alles ist so licht so heiter -. Um es hübsch zu finden muss man sich daran gewöhnen
und wäre es kalt, und die Bäume die man sieht keine Edeln Stämme, so könnte
man sich einbilden, wenn man in der Mitte der Weges heruntergelassen würde,
man sei in einer hochen Region, wo die Vegetation nicht mehr fortkommen kann.
- Indessen trägt der kleinste Baum Früchte, und die Luft ist so heiter und warm,
dass man ohne risque in Frack seine Promenaden beginnen kann. Die Weiber die
gewaschen haben, und unter welche ich doch nicht eine einzige mittelmässige
bemerkt, waren den 28-ten November im blanken Hemd! - In starken fürfviertel
Stunden war ich auf meinem guten Maul Esel von derm Thor des Klosters Neamoni,
über dessen Schwelle noch nie ein Weib oder Mädchen gekommen ist. - Aus dieser
heiligen Anstallt, die bei weitem das ehrwürdige und anziehende unserer Carmeliter
und Trapisten Klöster nicht hat, ist eine schöne Aussicht gegen die Küste Joniens.
- Schade dass sie von Felsen-Bergen die gegen Scio eine weite Schlucht formiren
zu sehr beengt ist. - Ein kleiner Fels stehet knapp vor Scio hellweiss in der
blauen See! - Dieses Kloster wurde von dem Constantinos Basileus Monomachos
gebaut. Einige gläserne Mosaiquen zieren die Kuppel der unansehnlichen kleinen
Kirche - an einer Seite sieht man das Bildniss dieses Kaisers und das seiner
Frau Zoe. - Man zeigte uns einige neue Glocken, die die griechischen Pfaffen
gerne für alte passirt hätten. - Der Jungfrau Maria ist übrigens diese Kirche
gewidmet. Nachdem ich die Kirche und das weitläufige établissement, welches
für mich nicht den mindesten Reitz hat - indem die griechischen Kloster Geistlichen
mir gar keinen respect und keine Liebe einflössen - sie sind schmutzig, intéressirt,
und so lästig, dass ich sie hassen könnte, wurde ich zu ihrem prior geführt,
den ich mit einem Türken in einem ganz kleinen Zimmer Tabackrauchend gefunden
habe. - Man gab aus allerhand Schleckereyen, die ich nicht übel, und für meinen
Durst sehr 8propos gefunden habe. - Der Türk, der mich wegen seiner Stärke und
herrlichen Gesichtszügen erstaunte, ist ein Kaffe Sieder in Scio - Er hatte
Waffen bei sich, um 20 Menschen umzubringen, und erinnerte mich auf Malek Adel.
- Welches Glück, so stark kräftig, und gesund zu sein. - Der Prior und der Türk
versprachen mir den 29-ten nach Scio zum Frühstück zu kommen. Ender soll den
Türken malen und den Bedienten des Priors, der das schönste altgriechische Gesicht
hat welches ich bis jetzt in der Levante gefunden habe. - Ich nahm einen freundschaftlichen
Abschied nachdem ich unter denen Geistlichen, Dienern einige Rubies und der
Kirche 30 piaster geschenkt habe. Bei der Kirche zeigte man mir einen alten
Mann, der 150 Jahr alt sein soll. - In diesem Kloster sind die Mönche, deren
mit Geistlichen und Laiquen gegen 300 sind, zwar reich, aber dennoch interessirt,
und auch noch freigiebig - alle diese Eigenschaften haben sie vereinigt. - Sie
nehmen gerne von denen Reisenden, die ihr établissement besuchen - geben ihnen
aber en revanche unentgeltlich - Wohnung - und Nahrung. Gleich als ich ankam,
wollte man mich für die Nacht datzubleiben nöthigen, und schlachteten mehrere
Hühner in der Geschwindigkeit. Ich schlug zu ihrem Verdruss alles aus, indem
ich lieber von Krebs's Kocherey speisen wollte, und nebst unsern hospitalen
Consul auch noch einen Teutschen Arzt zu bewirthen hatte, der seit einigen Monathen
seine Residenz in Scio aufgeschlagen hat, und daselbst nun der 15. doctor ist.
- Die Türken kommen sehr oft in diess Kloster, um sich von denen Mönchen bewirthen
zu lassen, und weil sie bei ihnen noch ungestörten Wein trinken können - in
welchem Genre sie sich übrigens in Scio auch gar nicht im mindesten geniren.
- Den Abend blieb ich ruhig bei mir zu Hause und liess mir von denen beiden
doctoren erzählen, auf welche Art die Schiff-Capitaines sich durch ihre Niederträchtigkeiten
Geld zu machen wissen. - Die mit Wasser angefüllten Tonnen, die für Öhl assecurirt
wurden - ect. ect. Ein neuer Beweis, wie nothwendig es ist, bei diesen Verhältnissen
für den Fortgang des Handels gute rechtschaffne Consuls zu haben - die aber
nicht einmal der gute Kaiser Franz bekommen kann, wenn er sie nicht bezahlt,
und das will der Herr durchaus nicht, indessen alle übrigen Mächte über und
über zahlen. Wir aber, die wir in allen zurückbleiben, was keine sichern procente
einbringt, schlafen auch bei dem sichersten und gewissesten Gewinn ein? Wer
wird den Staat einmal aufwecken - Sein Engel der ihn retten wird? oder gar etwa
sein Tod - wenn ein Staat auch sterben kann? -