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Gabor
Terebess
GUSS
Manifest der taktilen Abbildung
Deutsche Übersetzung: László Erős
Englische
Version
Ungarische Version (Művészet,
XXII. évfolyam, 7. szám, 1981. július, 4-7. oldal)
Der Ton- und Porzellanguss -- eine Erfindung Europas im 18. Jahrhundert -- ist eine mechanische Reproduktion. Ähnlich wie beim Lichtbild wird hier ein Negativ, ein an sich sinnloses Hilfsmittel, abgebildet. Die Form wird nicht geschrieben, sondern umgeschrieben. Einen Sinn hat nur das Negativ des Negativs, d.h. das ursprüngliche Musterstück, jenes kann jedoch nicht durch Guss angefertigt werden.
Die übliche Anwendung des Verfahrens erfolgt so, dass in die von einem fertigen Gegenstand abgenommene Gipsform dünnflüssige Tonmischung gegossen wird. Das poröse Gipsmaterial saugt teilweise den Wasserinhalt der Masse in sich auf und eine harte Tonwand setzt sich dabei als gleichmässige Schicht an seine innere Oberfläche ab. Nach dem Erreichen der gewünschten Wandstärke wird der überflüssige Rest des Schlammes ausgegossen. Der angefertigte Guss verkörpert also die innere Leere der Gussform und entleert sich zugleich.
Das ursprüngliche positive Musterstück, der Prototyp,kann aus beliebigem Material, mit beliebiger Technologie angefertigt werden. Die vermeintlichen oder wahren Fesseln der Hafnerkunst sind hier nicht verbindlich. Man kann zwar traditionelle Methoden anwenden: das Stück auf der Scheibe anfertigen wie der Töpfer, Stücke schneiden wie der Ofenbauer; es ist jedoch einfacher, derbe Tonerde, Gips, Plastilin zu verwenden und das Muster fast jedes beliebigen fertigen Gegenstandes kann abgenommen werden. Ob ein künstliches oder natürliches Rohmaterial, eine geometrische oder organische Form, geschaffen vom Menschen oder von der Natur -- beim Guss spielt das keine Rolle. Er fällt keine Urteile: das geniale und das banale Werk kann gleicherweise fachgemäss einwandfrei gegossen werden.
Da die Gussmethode ein relativ leicht erlernbares Fach der Tonindustrie ist,wird der ästhetische Wert der Gusskeramik stillschweigend im Prototyp gesucht. In diesem Fall ist es aber egal, ob er gegossen wird oder nicht. Im Laufe der Produktion ändert sich die plastische Qualität einer Porzellanfigur kaum, ein auf der Töpferscheibe hergestelltes Gefäss -- das auch ohne Guss beendet ist -- wird sogar zur Kopie degradiert. (Neben der Formung auf der mechanischen Töpferscheibe ist es der Guss, der sich am besten als Vervielfältigungsverfahren der handwerklichen Keramikformen als eine Art „Keramikkonfektion“ bewährte.)
Wegen unserer voreingenommen Nostalgie für handwerkliche Gegenstände, sowie in unserer Unwissenheit, sind wir geneigt, ein handbemaltes,stereotypes Tafelgeschirr aus Porzellan oder einen mit dem Stempel eines Volkshandwerkskünstlers versehenen eigenartigen Figurgusskrug als Kunstgegenstand zu bezahlen. Selbst das moderne auf keine Handwerkermodelle zurückgehende Design wird, wenn aus Keramik hergestellt, weitgehend überbewertet, obwohl einem so etwas im Falle eines Plastikflakons gar nicht einfallen würde.
Das zur Vervielfachung von meistens handelsüblichen Gefässen, Nippsachen, Klomuscheln verdammte Gussverfahren wird durch gelegentliche, kunstvolle Handwerksmodelle oder industrielle Formgestaltung um nichts gehobener, selbst wenn die Produkte (z.B. die Keramiken des Rosenthal-Studios) als Handels(kunst)praktik ähnlich wie die Münzen, Grafiken in beschränkter Höhe abgesetzt werden. Würde der Guss nicht als Geschäftsunternehmung, sondern als neue künstlerische Ausdrucksmöglichkeit betrachtet und würde ein Prototyp extra zu diesem Zweck angefertigt, so wäre es ähnlich, wie wenn der Photograph vorzeichnete oder -malte, was er photographieren will. Während die Photographie diese Kinderkrankheit schon zur Zeit der Daguerrotypie ausheilte, produziert der Keramikguss seit Jahrhunderten das Abbild, vom Gesichtspunkt des Kunstverständigen aus: die Fälschung. Statt das Niveau des Prototyps erhöhend das Hinaufklettern bis zum Rand der traditionellen bildenden Kunst zu erstreben, sollte lieber die vom Guss angebotene, durchaus neue Keramikanschauung zur Geltung kommen.
Wurde aber schon nach den Möglichkeiten dieser eigenartigen räumlichen Abbildung gefragt? Wurde der von vornherein passive, mimetische Charakter, Automatismus der indirekten Formgebung, der den Aberglauben der Stofflichkeit beiseite fegt, erkannt? Wird der Guss nicht heute noch nach dem Massstab des Handwerks, ganz wie ein Photo nach dem Massstab eines Gemäldes kritisiert? Weiss man schon, wie die Gusskeramik als Kunst ist?
Der Guss ist, das sei noch einmal betont, eine mechanische Reproduktion. Er ist unfähig,nicht zu kopieren. Er ist immer die handgreifliche Übernahme eines konkreten Gegenstandes. Die Vorstellungskraft des Schaffenden kann sich in der Auswahl, nicht aber in der Abstraktion geltend machen. Form und Faktur werden für uns nicht vom Bildhauer modelliert; es ist nicht der Künstler, sondern der Gegenstand selbst, der sie vermittelt.
Der Guss haftet am Gegenstand. Die Entfernung der Übernahme ist immer gleich -- gleich Null: der Guss muss im Kontakt mit seinem Gegenstand sein. Der Guss ist eine taktile Abbildung. Er ist die Kunst der Einzelheiten, der Intimitäten. Seine Grenzen sind von der Antastbarkeit gezogen: was nicht berührbar ist -- wie eine Landschaft -- ist zugleich unerreichbar. Ist seine Belichtungszeit ein Augenblick? Oder die Ewigkeit? Der Kontakt ist zeitlos. Er kann keine Bewegung, höchstens eines ihrer unbeweglichen Momente darstellen. Nichts kann besser veranschaulichen als gerade der Guss, dass die Form eine Phase der Bewegung ist. Seine taktile Sinnlichkeit ist nicht, wie bei der Handwerker-Keramik, der menschlichen Hand zu verdanken. Er bewahrt keine Spuren der Macherhand. Er ist unberührt. Für den Schaffenden genauso eine Neuheit, er muss ihn, wie der Empfänger, entdecken.
Ist es die Welt, die dem Guss ihre Form aufzwingt, oder ist es die Gussmasse, die sich der Welt anpasst? Die Wichtigtuerei, der auf allgeimenem Übereinkommen beruhende Formensinn des Künstlers gehen allerdings auf angenehme Weise verloren. Der Guss legt dem Gegenstand grossen Wert bei: die alltäglichen, nahen Sachen werden durch ihn zur Bedeutung entfremdet, die seltsamen, entfernten zum Betasten herbeigezaubert. Der Guss unterscheidet nicht zwischen schönem und hässlichem Gegenstand: er ist keine „schöne“ und keine „bildende“ Kunst, er akzeptiert das Bestehende, wie immer es auch ist. Es ist nicht störend, wenn er von irgend etwas abweicht, denn sein Objekt kann irgend etwas sein. Er macht keinen Unterschied zwischen wertvollem und weniger wertvollem Rohmaterial, er wandelt sowieso alles gleichartig -- tonartig -- um. Er macht keinen Unterschied zwischen wichtigen und charakterlosen Einzelheiten: er ist objektiv ohne Denken, genau ohne Anstrengung. Er kennt keine menschliche Voreingenommenheit.
Da er vom Original nicht abzuweichen vermag, kann er nicht realistisch sein. Noch weniger kann er hyperrealistisch sein, weil der Guss nie lebenswahr genug ist. Die Wirkung des Hyperrealismus besteht gerade darin, dass er genauer als eine mechanische Reproduktion ist, er muss mit dem Original verwechselbar sein. (Vgl. die Gipsgüsse von George Segal mit den ungegossen „Haut“-Keramiken von Marilyn Levine.)
Im Photo wird meistens nicht das Bild, sondern sein Objekt gesehen. Doch in der Betastung kann man sich derart nicht verlieren. Ein beliebiges Material kann durch Ton ersetzt werden -- er kann nach Allem aussehen --, wird aber der Gegenstand angefasst, widerspricht die Antastung der Sicht. Er kann taktil nicht täuschen. Man hat nie den Eindruck einen Lappen zu fühlen, wenn man seine in Keramik gegossene Abbildung in die Hand nimmt. Der Guss ist ein antastbarer Beweis des fehlenden Gegenstandes.
Es wurde gesagt, dass die Gusskeramik immer die Abbildung eines anderen Gegestandes ist. Und wie anders sie auch ist! Sie kann nicht einmal das Äussere, noch weniger die Substanz, das Gewicht, die Struktur, sondern nur die -- wegen der Schwindung des Tones -- proportional verkleinerte Gestalt des originalen Gegenstandes zurückgeben. Sie macht das Weiche hart, das Verderbliche dauerhaft, das Unzerbrechliche zerbrechlich. Durch die Wiederholung der Fläche liefert sie zwar einen handgreiflichen Beweis von der Oberfläche, aber nur von ihr. Sie erklärt die Wirklichkeit nicht. Sie folgt ihr formtreu, kann sie aber weder in ihrer Gesamtheit, noch inhaltlich darstellen oder begreifen. Doch allein ihre materielle Verschiedenheit ist eine Art Deutung. Unsere Gegenstände sind unreproduzierbar, unersetzbar. Ihre ursprüngliche Hierarchie ist ungültig.
Während das Photopapier gelb wird, zerfällt, bleibt die Keramik, wenn sie nicht zerbrochen wird, ein fast unverwüstliches Denkmal des Gegenstandes. Sie ist wie jedes Denkmal dauerhaft und entfremdet. Mit unserem menschlichen Mass gemessen ist sie unsterblich.
Bislang wurde versucht, die Charakterzüge des blossen Gussvorganges darzulegen. Jetzt soll untersucht werden, mit welchen taktilen und visuellen Mitteln nach der Wahrheit der Abbildung gefragt werden kann. Der Guss ist ja, wie jede Dokumentierung, lügenhaft. Er lügt auf einmal nicht zuviel, wenn sich aber seine leichten Verfälschungen anhäufen, kann er am Ende sich selbst verschwinden lassen. Durch die Trocknung und den Brand jeder Tonkopie wird einerseits die Grösse mindestens um ein Zehntel verkleinert, eine wiederholte Nachkopierung kann deshalb das völlige Verschwinden herbeiführen. Andererseits werden auch die Einzelheiten immer verschwommener -- bis sie unerkennbar sind. Die Steigerung der Kopierung bis ins Extreme vernichtet so ihr Ziel, die Abbildung selbst.
Dann hat man auch die Stofflichkeit. Welchem Material sollte man treu sein? Dem originalen? Dem Gips? Oder der abbildenden Tonmasse? Und welchem Zustand von ihr? Dem dünnflüssigen? Dem plastischen? Dem festen Tongegestand? Es können sogar alle Eigenschaften auf einmal, an einem einzigen Gegenstand gezeigt werden. Die Hälfte eines Tellers mit der Oberfläche einer Sackleinwand kann, sagen wir, zerfliessen, das aus Porzellan gegossene Besteck kann sich folgsam an seine Wölbung schmiegen und nach dem Brand kann es schartig gemacht werden.
Die „Schärfe“ kann leicht geregelt werden: sie hängt von der grösseren oder kleineren Kornfeinheit der Gussmasse und der Giessform ab. Einzelne Teile können aber mit einem nassen Schwamm noch am rohen Ton „verwischt“ oder beim Guss mit Papier, Folie, Tuch „verschleiert“ werden. Ein beliebiger Gegenstand kann eine beliebige Textur bekommen: eine Frauenbrust kann z.B. nackt, mit Pullover aber auch mit der Oberfläche vom zerknitterten Papier gegossen werden. Sie kann zusammen mit einer zugreifenden Hand oder mit den ewig verbleibenden Spuren der weggenommenen Hand nachgegossen werden. Eine Brust aus dünner Tonschicht kann unter dem Gewicht einer Hand zusammenbrechen; oder man kann glaubhaft machen, dass fünf Finger durch eine volle Tonbrust wie ein Messer durch die Butter gezogen werden können.
Wegen seiner Vervielfältigungsmöglickeit ist der Guss vorzüglich geeignet zur Wiederholung der Einzelheiten, zum Spiel mit den Anhäufungen, zur Untersuchung des Einen und des Vielen, der Organisiertheit und des Zufalls, der Beendigung und der Offenheit.
Der Guss könnte eines der wirkungsvollsten Medien des surrealistischen Stils sein. Aus dem Gesagten könnte schon hervorgehen, dass die Keramikabbildungen der realen Gegenstände auf die mannigfaltigste Weise manipuliert werden können: verschiedene Massstäbe können unerwartet aneinander anschliessen, in den unmöglichsten Assoziationen ineinander fliessen, bekannte Sachen können an ihren Stellen fehlen um in ungewöhnlichen Rollen wieder aufzutauchen. Überraschende Ausschnitte und Deckungen, Sohlen-, Kehrt- und Rückansichten, Verzerrungen (die Form wird allein schon von der Glanzglasur verzerrt), leichte Verschiebungen, die Inkongruenz von Form und Oberfläche, die Konfrontation des positiven mit dem negativen Bild des Gegenstandes, ein Photo, das statt auf dem ebenen Papier auf der konvex-konkaven Oberfläche einer Keramik erscheint -- das sind nur einige der vielen Ausdrucksmittel.
Ein Gegenstand kann in einer beliebigen traditionellen Keramikart abgebildet werden: aus Töpferton mit Bleiglasur, als Hartkeramik mit Zinnglasur, aus Steinzeugton mit Salzglasur, als bemaltes Porzellan, aus Schamotteton mit Rakubrand, -er kann aber auch als Terrakotte gelassen werden oder man kann mit niedriggebrannten Farben die Illusion der Wahrheit erwecken. Die Form bleibt immer dieselbe, Farbe und Oberfläche sind aber jedesmal anders. Obwohl ein seinem optischen Reiz entzogener Gegenstand oft zur schnelleren Erkennung taktil unbewusster Qualitäten führen kann. Man kann daher streng beim blossen Guss bleiben, der in „Antiguss“ umschlägt, wenn ein ebenes Bild, ein Gemälde, die Oberfläche eines Photos nachgegossen werden. Es fehlen die ungiessbare Zeichnung, die Farbe, das Licht und der Schatten.
Der natürliche Weg der taktilen Rezeption ist der Gebrauch. Es ist durchaus ratsam, den ursprünglichen Gebrauch des Gegenstandes, falls es einen gab, wenn möglich zu bewahren. Oder, wenn er seine Gültigkeit als Keramik gänzlich verliert, ihn mit einer anderen praktischen Funktion zu versehen. Die alte und die neue Funktion kann gegeinandergestellt werden, damit der Gegenstand zwei Verhalten, ein praktisches und ein bedingtes zur gleichen Zeit im Benutzer hervorrufen kann.
Bislang haben wir über die Gipsformen nicht hinausgeschaut, deren zwangsläufiger Gebrauch das Verfahren erschwert, indirekt und -- wenn es sich nicht um Serienfabrikation handelt -- kostspielig macht. Anders Liljefors, der am Symposion zu Siklós 1970 unter tragischen Umständen verstorbene schwedische Keramiker, zeigte auch in Ungarn , wie in Sand vertiefte Formen statt Gips gebraucht werden können. Was hilft aber die Giessform aus einem anderem Material, wenn die Denkweise nicht mit dem Material wechselt… Dabei kann man doch in gefundene, fertige Sandformen giessen. Auf den Misthaufen von Eisengiessereien z.B. können solche in grossen Mengen gefunden werden. Werden sie gegossen, so erhält man die Abbildungen kaputter Maschinenteile in Keramik, diese erzählen aber nicht von der Eventualität des Gusseisens (welches verschleisst, bricht, verrostet oder eventuell schmilzt), sondern von der des verwitternden Sandes. So verfolgt man nämlich nicht den Zerfall des Eisengusses, sondern den des Sandmusters, das auf die Weise des Sandes und des Negativs zerfällt. Je mehr die Sandformen verletzt sind, desto mehr nimmt die Keramik zu. Beim Eisenteil ist das umgekehrt, während des Verschleissens nimmt sein Material ab. Aber nicht nur das Material, sondern auch der Nutzen des Maschinenteils wird mit der Verschleissung kleiner, das zerfallende Muster kann dagegen neue Formen zustande bringen, ohne den eigenen praktischen Wert zu ändern. Es ist weder besser, noch weniger gut brauchbar. An den intakten Stellen bewahrt der aus Keramik gegossene Maschinenteil die Faktur, die mit Sand beschmutzte Oberfläche (welche mit Sandstrahlgerät und Schleifmaschine weiter bearbeitet wird) des frischen Eisengusses; wo dagegen das Muster verletzt ist, wird er amorph wie eine Geschwulst, eine krankhafte Ersetzung der Verstümmelung, als ob ein organischer Auswuchs an der Stelle des fehlenden geometrischen Maschinenteils entstehen würde.
Authentischer könnte das Innere eines solchen "Fundgegestandes" kaum dokumentiert werden: der Sandwrack wird sozusagen "abgetastet". Eine blosse visuelle Abbildung würde es nur teilweise sichtbar machen. Es ist der Guss, der die zerfallende Sandgussblase als Keramik für unsere Sinne zugänglich macht und zur gleichen Zeit einen Augenblick des Zerfallens unserer überflüssig gewordenen Mittel festhält. Doch neben dem Sand finden sich zahlreiche hygroskopische Materiale, die einen direkten Guss ermöglichen. Die meisten Wärmeisoliermaterialien der Industrie aber auch eine einfache Wellpappe gehören zu ihnen. Weiterhin kann das Innere eines beliebigen Gefässes mit Papier, Watte, Lappen ausgefüttert und dadurch seine Form individuell gestaltet werden. Diese indirekte Formgebung ist irgendeiner dreidimensionalen Grafik ähnlich, doch die "Stütze" geht bei einem einzigen Gebrauch kaputt. Wenn es aber kein Original gibt, kann von keiner Kopie die Rede sein. Der Guss ist also wenn auch nur unter beschränkten Bedingungen zur Bildung einmaliger, spontan durchdringender Formen geignet ohne dass die Menschenhand den nassen Ton unmittelbar berührt.
Die primitiveren Varianten des Gusses: der Abdruck und das Druckmuster sollten auch noch erwähnt werden. Die Druckform aus Terrakotta oder Holz (neuerdings aus Gips) wird seit Jahrtausenden zur handwerklichen Vervielfachung von Gefässen, kleinen Figuren, Ofenkacheln von China bis Griechenland, von Persien bis Peru verwendet.
Der Abdruck ist das negative Bild eines in formbaren Ton gepressten Gegenstandes: immer das Zusammentreffen zweier Formen. Warum ist es aber so selbstverständlich, dass die eine Form, der "Grund", fast immer eine mehr oder weniger geglättete, rundumgeschnittene Tonplatte sein soll? Normalerweise hängt der Abdruck aus diesem Rahmen eigentlich nie ins Nichts hinaus, er darf sich in ihn nicht bis zum Durchbruch hineindrücken, seltsam wäre es aber auch, wenn er sich schief, nur mit der einen Hälfte in ihn hineindrückte oder wenn die einzelnen Abdrücke nicht neben-, sondern übereinander erfolgten. In diesem Fall wird der frühere Abdruck zum Grund des nächsten -- erinnern wir uns an den Rhythmus der schneebedeckten Wanderwege -- und der neue Abdruck unterdrückt zwar den alten, kann sich aber selbst nicht gegen den Hintergrund klar abzeichnen, weil er sich ja nicht in eine blanke Platte vertieft.
Der zum Abdruck verwendete Gegenstand muss natürlich härter als der formbare Ton sein, der widersteht und der vergewaltigt werden muss. Lucio Fontana "brach" ihn mit verschiedenen, sich bewegenden Gegenständen, Jan Svankmajer „greift“ seine Gefühle mit der Hand unmittelbar in seine wütenden Gestenstatuen ein.
In dem Obigen wurden die ästhetischen Werte der traditionellen Gusskeramik bezweifelt und der mögliche Weg einer anderen Deutung gezeigt. Nicht nur die Ton- und Bildaufnahme, sondern auch der Form und Faktur bewahrende Guss kann neue Kunst schaffen: nicht die Kunst des verflogenen Augenblicks, sondern die der betastbaren Abwesenheit.